: Rechtzeitig zum Fest: die Hasenpest
In Südhessen sind mysteriöse Fälle von Tularämie aufgetaucht. Ein Jäger verstarb bereits. Der Erreger gehört zu dem „dreckigen Dutzend“ biowaffentauglicher Bakterien. Tierkadaveruntersuchungen blieben jedoch bislang ergebnislos
AUS DEM RIED KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Eine Hasenhatz im südhessischen Ried Ende Oktober endete für einen Jäger tödlich: Wochen später verstarb er an der gefürchteten Hasenpest, auch Tularämie genannt. Acht weitere Jäger und Treiber erkrankten schwer. Typische Symptome sind Fieber, Schweißausbrüche, Schüttelfrost, Gliederschmerzen, Schwellung der Lymphknoten und Schwächeanfälle.
Zunächst schien es, als würden die Antibiotika anschlagen. Doch unerwartet verstarb ein Mann „an einem mit der Tularämie zu vereinbarenden Krankheitsbild“, wie sich der Kreisausschuss des betroffenen Landkreises Darmstadt-Dieburg vorsichtig äußerte. In der vergangenen Woche wurde dann bekannt, dass sich weitere Jagdteilnehmer mit dem hochansteckenden Hasenpesterreger Francisella tularensis infiziert haben.
Der Erreger gehört zum „dreckigen Dutzend“ der biowaffentauglichen Bakterien, wie die Ärztezeitung berichtet. Die Widerstandsfähigkeit des Erregers mache ihn „interessant für Militärs und Terroristen“. Schon zehn Bakterien reichten aus, um einen Menschen zu infizieren.
Die Krankheit wurde wohl beim Ausweiden der erlegten Feldhasen übertragen, vermutet das Landratsamt, das sich auf Seuchenexperten beruft. Die infizierten Jäger und Treiber, zwischen 46 und 73 Jahre alt, könnten sich an den spitzen Knochen der Tiere verletzt und so mit der Hasenpest infiziert haben.
Allerdings kann der Erreger der Hasenpest auch durch eine Staub- oder Tröpfcheninfektion übertragen werden – oder über infizierte Nahrungsmittel. Da Francisell tularensis sogar das Schockfrosten überlebt, kann selbst das Tranchieren vorher tiefgefrorener Hasen gefährlich sein. In einem verendeten Hasen bleibt der Erreger etwa sechs Monate lang aktiv und kann selbst im Erdreich oder in einer Pfütze überleben.
Als die Hasen im Oktober geschossenen wurden, hätten sie noch „einen gesunden Eindruck“ gemacht, berichten die Jäger übereinstimmend. Die Tiere wurden umgehend ausgeweidet und dann als Hasenbraten verzehrt. Als dann gut zwei Wochen später die ersten Fälle der Hasenpest auftraten, fanden weder Jäger noch die rasch informierten Bauern kranke Hasen oder Kaninchen, die die typischen Symptome der Hasenpest aufgewiesen hätten. Erkrankte Tiere seien daran zu erkennen, dass sie über die Felder torkelten und sich „auffallend matt und teilnahmslos“ verhielten, so Experten. Übrigens können auch Ratten, Mäuse, Katzen und Eichhörnchen an der Hasenpest erkranken.
In der ersten Dezemberwoche wurden dann sieben Feldhasen und eine Bisamratte im Ried geschossen, um sie im hessischen Landeslabor auf Hasenpest zu untersuchen – die ersten makroskopischen Tests blieben allerdings ohne Ergebnis. Die labormedizinischen Untersuchungen dauern noch an. Anschließend wurden weitere Hasen erlegt und an das Landeslabor verschickt. Darüber hinaus werden an der Universität in Heidelberg, im Landesuntersuchungsamt in Stuttgart und am Mikrobiologischen Institut in München Blutproben der erkrankten Männer einem Bestätigungs- oder Ausschlusstest unterzogen.
Die Veterinär- und Gesundheitsämter in Hessen forderten die Jäger und auch die Tierverarbeiter inzwischen auf, bei der Berufsausübung „größte Vorsicht“ walten zu lassen. Handschuhe und Mundschutz werden empfohlen. Auch soll die Kleidung mit Desinfektionsmitteln gereinigt werden. Spaziergänger sollten auf keinen Fall „auffällige Tiere“ berühren. Und Hunde seien zwingend anzuleinen.