: „Verrat an den Entwicklungsversprechen“
Abschaffung der Exporthilfen ist ein Gewinn für die Bauern im Süden, doch die Probleme sind längst nicht gelöst
Schon ein Nichtscheitern sei ein Erfolg. Diese Devise hatten vor der Ministerkonferenz der WTO VertreterInnen der EU und der USA ausgegeben. An diesen weit heruntergeschraubten Erwartungen gemessen war Hongkong also ein Erfolg – wenigstens für die WTO selbst. Sie hat mit ihrer Einigung über eine Abschaffung aller Exportsubventionen bis zum Jahr 2013 den dringend benötigten Beweis geliefert, dass sie noch handlungsfähig ist.
Die Festlegung eines konkreten Datums, bis zu dem die Industrieländer alle ihre Exportsubventionen abschaffen müssen, ist „ein zwar bescheidener, aber nicht unbedeutender Deal“, wie Brasiliens Außenminister Celso Amorim bemerkte. Diese Subventionen, die die EU beispielsweise für Trockenmilch und die USA für Baumwolle zahlen, um so ihre Überschüsse loszuwerden, haben den Bauern und Bäuerinnen im Süden seit langem das Überleben schwer gemacht. In den Städten des Südens werden die billigen Lebensmittel aus den Industrieländern konsumiert, die heimischen LandwirtInnen bleiben auf ihren Produkten sitzen oder müssen sie so billig verkaufen, dass sie von ihrem Anbau nicht mehr leben können. Viele geben die Produktion auf, und die Abhängigkeit der Entwicklungsländer von Nahrungsmittelimporten wird stärker.
Dennoch wird sich für die Landbevölkerung im Süden durch die Beschlüsse von Hongkong wohl nicht allzu viel ändern. Für Phil Bloomer von der entwicklungspolitischen Organisation Oxfam stellt die Einigung deshalb einen „Verrat an den Entwicklungsversprechen durch die reichen Länder“ dar. EU und USA schirmen ihre eigenen Agrarmärkte weiterhin durch so hohe Zölle ab, dass Drittländer oft keine Chance haben, dort Produkte wie Butter oder Tabak abzusetzen. Zudem bestehen die internen Subventionen fort, die die EU und die USA ihren LandwirtInnen und der verarbeitenden Industrie zahlen.
Oxfam hat ausgerechnet, dass sich für Argentinien, Chile, China und Südafrika allein bei Dosenbirnen ein Markt mit einem jährlichen Volumen von 45 Millionen Dollar auftun würde, wenn die Europäischen Union ihre Hersteller nicht länger subventionieren würde.
NICOLA LIEBERT