Beim Geld macht die Emanzipation Halt

Trotz besserer Ausbildung verdienen Frauen 23 Prozent weniger als Männer. Differenz ist eine der größten in Europa

BERLIN taz ■ Früher hieß es, Frauen seien schlechter ausgebildet als Männer. Deshalb verdienten sie auch weniger Geld. Heute sind Frauen besser ausgebildet als Männer – und verdienen immer noch weniger. Während sich die Kluft zwischen den Geschlechtern bei der Hochschulbildung geschlossen hat, gibt es beim Einkommen weiterhin große Unterschiede.

Hierzulande verdienen Frauen immer noch rund 23 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Das ist das Ergebnis des FrauenDatenReports 2005 der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. „Frauen können ihre Bildungserfolge nicht am Arbeitsmarkt umsetzen“, sagte Mitautorin Astrid Ziegler gestern bei der Vorstellung des Reports. Der europäische Vergleich zeigt, dass Deutschland bei der monetären Geschlechtergerechtigkeit sogar besonders schlecht abschneidet. Beim Lohnunterschied zwischen Frauen und Männer landet Deutschland auf dem viertletzten Platz. Nur in Zypern, Estland und der Slowakischen Republik ist der Verdienst von Männern und Frauen noch unterschiedlicher.

Die Autorinnen des Reports nennen mehrere Gründe für die großen Unterschiede. Viele Frauen wählten nach wie vor Studienfächer, die nicht unbedingt auf einen gutbezahlten Job vorbereiten. Mit rund 70 Prozent dominieren Frauen die Sprach- und Kulturwissenschaften, während in den Ingenieurwissenschaften nur ein Fünftel der Studierenden weiblich ist.

Doch mit den verschiedenen Branchen lässt sich die Kluft zwischen männlichen und weiblichen Einkommen nur teilweise erklären. „Auch dass viele Frauen Teilzeit arbeiten, reicht als Erklärung nicht aus“, sagte Astrid Ziegler. „Ein großer Teil ist ganz einfach Diskriminierung.“ Allein wegen ihres Geschlechts bekommen viele Frauen weniger als Männer, die den gleichen Job machen. Laut Report lassen sich in Westdeutschland 32 Prozent und in Ostdeutschland 24 Prozent des Einkommensunterschieds auf Diskriminierung zurückführen.

Der Report belegt auch, dass die Karriere von Frauen einen Knick bekommt, wenn sie sich für Kinder entscheiden. Auch 2005 sind Kinder immer noch weitgehend Frauensache. Elternzeit können eigentlich auch Männer in Anspruch nehmen – sie machen es nur so gut wie nie. Seit 2001 ist der Anteil von Vätern bei der Elternzeit von zwei auf knapp fünf Prozent gestiegen. Als ausschlaggebenden Grund für die geringe männliche Beteiligung nennen befragte Paare meist den besseren Verdienst des Mannes.

„Das geplante Elterngeld ist zwar richtig, aber es allein reicht nicht“ sagte Ziegler. „Noch viel wichtiger ist eine flächendeckende Ganztagsbetreuung für Kinder.“ Nach Einschätzung der Wissenschaftlerin ließen sich durch eine bessere Kinderbetreuung sogar gleich zwei Probleme lösen. Berufstätige Frauen könnten sich eher für ein Kind entscheiden. „Außerdem ist die Kinderbetreuung für gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt entscheidend“, sagte Ziegler. Dies zeigten Länder wie Dänemark und Schweden. JAN PFAFF

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