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Archiv-Artikel

Merkel gegen getrennten Sportunterricht

DEBATTE Die Bundeskanzlerin hält nichts von Ausnahmeregeln für muslimische Kinder

DÜSSELDORF afp | In die von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück angestoßene Diskussion über getrennten Sportunterricht für muslimische Kinder hat sich am Wochenende auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeschaltet. Dieser wäre ein „völlig falsches integrationspolitisches Signal“, ließ Merkel in der Rheinischen Post erklären.

Die Kanzlerin sehe die Integration als ganz wichtiges Anliegen, bei dem es um das Zusammenleben von Menschen gehe, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter der in Düsseldorf erscheinenden Zeitung. Wenn Menschen voneinander getrennt würden, sei dies das Gegenteil von Integration.

Steinbrück hatte am Mittwoch bei einer Diskussionsveranstaltung Schulen ermuntert, wenn möglich getrennten Sportunterricht anzubieten. Am Rande seines Besuchs in Paris verteidigte er am Freitag seine Äußerung: „Von dem, was ich gesagt habe, habe ich nichts zurückzunehmen“, so Steinbrück. Viele muslimische Eltern lösten ihr Problem mit dem Sportunterricht so, dass sie ihre Kinder einfach krankmeldeten. „Das kann nicht die Lösung sein.“

Außer Merkel kritisierten auch andere Unionspolitiker Steinbrücks Vorstoß. Wer Mädchen aus religiösen Gründen die Teilnahme am gemeinsamen Sportunterricht verweigere, verhindere die Integration muslimischer Kinder und fördere sie nicht, sagt die CDU-Vize Julia Klöckner. „Ich frage mich, welches Frauenbild Herrn Steinbrück leitet.“ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte: „Bei aller Toleranz gegenüber dem Islam dürfen wir nicht die Gleichberechtigung von Mann und Frau infrage stellen.“

In der SPD waren die Reaktionen geteilt: Parteivize Aydan Özoguz unterstützte Steinbrück. Er habe nur ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wiedergegeben. „Wie man daraus einen Skandal konstruieren kann, ist mir unverständlich“, sagte sie. Merkel habe in ihrem Wunsch, Steinbrück anzugreifen, den Überblick verloren, erklärte Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. In vielen Bundesländern sei getrennter Sportunterricht bereits die Regel.