: Brüssel verordnet Berlinern Diät
Die Stadt bekommt in den Jahren 2007 bis 2013 rund 300 Millionen Euro weniger EU-Fördermittel als bislang. Das ist Folge des jüngsten EU-Kompromisses. Es hätte noch schlimmer kommen können
VON RICHARD ROTHER
Wenn sich in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder über den Haushalt der Europäischen Gemeinschaft streiten, hat das auch Folgen für Berlin. So auch bei den Verhandlungen über den EU-Haushalt von 2007 bis 2013. Das Ergebnis: Berlin kriegt deutlich weniger Geld aus Brüssel als bisher – aber mehr als erwartet. Es hätte also schlimmer kommen können, und nach dem Brüsseler Haushaltskompromiss besteht wenigstens Planungssicherheit über die Fördermittel.
Zwischen den Jahren 2000 und 2006 flossen rund 1,3 Milliarden Euro aus europäischen Sozial- und Strukturfonds in die finanzschwache deutsche Hauptstadt. In der nächsten Förderperiode werden es geschätzte 300 Millionen Euro weniger sein. Endgültig geklärt sei die Verteilung der Mittel noch nicht, erläutert Christoph Lang, Sprecher von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS). Fest steht bislang nur, wie viel Geld Deutschland insgesamt aus Brüssel bekommt. Über die Verteilung auf die einzelnen Förderinstrumente wie Sozial-, Regional- oder Landwirtschaftsfonds müssen sich Bund und Länder noch einigen. Davon hängt ab, wie viel Berlin letztlich bekommt. Mit den EU-Mitteln werden unter anderem soziale Projekte in den Bezirken, aber auch technische Entwicklungen an Universitäten oder in Betrieben gefördert.
Insgesamt kann Berlin zufrieden sein, auch wenn in Zukunft weniger Projekte unterstützt werden. Die EU-Fonds sollen nämlich besonders benachteiligte Regionen innerhalb der europäischen Gemeinschaft auf die Sprünge helfen – durch die EU-Osterweiterung, von der insbesondere deutsche Firmen profitieren, sind Regionen in die Gemeinschaft gekommen, die weit ärmer als Berlin sind. Dass trotzdem noch rund eine Milliarde Euro nach Berlin fließen werden, obwohl der Haushalt insgesamt nicht ausgeweitet wurde, ist also beachtlich – und ein Ergebnis der Berliner Lobbyarbeit in Brüssel und anderswo, mit der immer wieder auf die besondere Situation der Metropolen hingewiesen wurde.
„Berlin ist bei der Kürzung der EU-Fördergelder glimpflich davongekommen“, ist denn auch die Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz überzeugt. Der Senat müsse jetzt zügig klären, wie und wo sich diese Kürzung auswirke. Betroffen sei vor allem der Europäische Sozialfonds (ESF), der Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Frauenprojekte finanziere. Klotz: „Der Senat muss Konzepte vorlegen, wie die Kürzungen im Sozialbereich aufgefangen werden können.“
Wolf-Sprecher Christoph Lang warnte allerdings vor allzu großen Erwartungen. Mehr Geld aus dem Landeshaushalt könne es für solche Projekte nicht geben. „Die Konsolidierung des Haushalts geht vor.“ Zudem könne der Senat nicht einfach EU-Mittel durch Landesmittel ersetzen, da solche Projekte immer aus verschiedenen Töpfen gefördert würden.
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