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Archiv-Artikel

Kein reiner Wein

Agrarminister der EU verabschieden umstrittenes Weinabkommen mit den USA. Deutscher Protest erfolglos

BERLIN/BRÜSSEL taz ■ Die EU-Agrarminister haben den Verbrauchern ein schönes Weihnachtsgeschenk gemacht. Von nun an ist es möglich, in Deutschland Weine zu kaufen, die mit künstlichen Aromen angereichert wurden. So sieht es das neue Weinabkommen zwischen den EU und den USA vor, das die Minister gestern in Brüssel absegneten. Der Präsident des Verbands der Prädikatsweingüter, Michael Prinz zu Salm, bezeichnete das Abkommen als „Super-GAU für den Wein“.

Das Handelsabkommen war im September nach jahrelangen Verhandlungen von der EU-Kommission paraphiert worden. Es erlaubt den Import von US-Weinen, die mit Methoden hergestellt wurden, die in der EU selbst verboten sind. Dazu zählen neben der Zusetzung von Kunstaromen die Beigabe von Wasser und auch die Zerlegung und Neuzusammensetzung von Weinen in der so genannten Schleuder-Kegel-Kolonne.

Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich vor den gestrigen Verhandlungen für ein „Reinheitsgebot für Wein“ eingesetzt. „Wir dürfen nicht zulassen, dass unser Markt mit Kunstweinen aus den USA überschwemmt wird, ohne dass der Verbraucher dies auf dem Etikett erkennen kann“, erklärte der Minister. Den Deutschen gelang es jedoch nicht, die für das Abkommen notwendige Mehrheit zu verhindern.

Vor allem große Weinexportländer wie Frankreich, Italien oder Spanien haben ein Interesse an dem Vertrag, weil es die Ausfuhr von Produkten in die USA, nach der EU zweitgrößter Weinmarkt der Welt, erleichtert. Deutschland exportiert dagegen relativ wenig Wein in die USA. Neben Deutschland stimmten Österreich und Portugal gegen das Abkommen, Griechenland enthielt sich.

Die deutschen Winzer hatten wochenlang gegen das Handelsabkommen mobil gemacht. Sie fürchten, dass die billigen Industrieweine aus den USA ihre eigenen Produkte aus dem Markt drängen. Bei den nach Deutschland importierten Weinen stehen US-Weine schon jetzt an zweiter Stelle. Befürchtet wird zudem, dass nun auch Weinproduzenten aus Australien gleiche Rechte wie die US-Winzer fordern könnten. Für eine Flasche Wein gibt der Verbraucher schon heute nur 2,09 Euro aus.

Das neue Abkommen und der daraus entstehende Konkurrenzdruck wird Konsequenzen für die Qualität deutscher Weine haben. Bereits jetzt arbeitet die Kommission in Brüssel an der Novellierung der EU-Weinmarktverordnung. Erlaubt werden soll zum Beispiel, Weine mit so genannten Eichenholzchips „aufzurüsten“. Diese verleihen dem Wein Vanille- und Röstaromen und machen so die teure und lange Lagerung in kleinen Holzfässern überflüssig. Bei den Verhandlungen über die EU-Weinverordnung im nächsten Jahr soll dann auch über eine spezielle Etikettierung von solchen Kunstweinen diskutiert werden.

SABINE HERRE