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Archiv-Artikel

Schwarz-Gelb verschiebt Fragen an Merkel

BOMBEN IN KUNDUS Union und FDP wollen die Arbeit im Untersuchungsausschuss zum Luftangriff in Nordafghanistan verzögern, sagen SPD und Linke. Opposition sieht ihre Minderheitenrechte verletzt

Von UWI

BERLIN taz | Erregt verließen die Oppositionspolitiker am Dienstag die Vorbereitungssitzung für den Kundus-Untersuchungsausschuss. Union und FDP setzten auf Verzögerungstaktik, so der Vorwurf. „Die wollen verhindern, dass wir Guttenberg und Merkel vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen oder sogar der Sommerpause hören“, sagte Paul Schäfer von der Linksfraktion. „Ein Schmarrn“ sei der Plan der Union, im Ausschuss erst einmal die Lage in Afghanistan und die Vorgeschichte zum Luftangriff von Kundus zu klären. „Es ist, als wollten die erst einen Volkshochschulkurs veranstalten“, sagte Schäfer.

Am morgigen Donnerstag soll der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss zusammentreten. Konstituiert hatte er sich vor Weihnachten. Die Hoffnung von SPD, Linken und Grünen war, im neuen Jahr zügig die Zeugen befragen zu können: Wer wusste wann was über das Bombardement im nordafghanischen Kundus, bei dem Anfang September 2009 bis zu 142 Menschen starben, darunter viele Zivilisten? Wie kam es dazu, dass Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) den Luftangriff zunächst für militärisch angemessen und sogar unvermeidbar hielt – und dann seine Meinung änderte? Warum entließ er Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert? Was wusste die Kanzlerin?

Doch Union und FDP, dies ergab die Vorbereitungssitzung am Dienstag, spielen auf Zeit. Ihr Vorschlag lautet, aus Rücksicht auf die Neu-Abgeordneten zunächst einen „Prolog“ zu veranstalten, in dem die Lage in Kundus und auch der Sachverhalt selbst gründlich geklärt werden. Die Zeugen sollen dann „von unten nach oben“ befragt werden – also erst die kleinen Soldaten, und am Ende Minister und Kanzlerin. Weiterhin soll der Ausschuss nicht wie üblich ab mittags, sondern mittwochs erst ab 16 Uhr tagen. Dies stellt weniger die Mitglieder als vielmehr die Medien auf die Probe.

Ein Untersuchungsausschusses kann mit bloß 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten eingerichtet werden. Für Verfahrensfragen bedarf es dann zwar der Mehrheit. Doch konnte zu Abläufen und Zeugen bisher laut einem Ausschuss-Juristen der SPD stets Einvernehmen erzielt werden. „Die Opposition empfindet die Oktroyierung von Strukturen als Verletzung ihrer Minderheitenrechte“, sagte er. „Wir betreten damit Neuland.“ Ein Prozess dürfte jedoch mindestens so lange dauern wie der „Prolog“ von Union und FDP. UWI