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Archiv-Artikel

Ein Gericht kontrolliert die Kontrolleure KOMMENTAR VON STEPHAN KOSCH

Das Urteil des Bundesgerichtshofs zum Mannesmann-Prozess war eindeutiger als von vielen erwartet. Alle Freisprüche wurden wieder kassiert. Die damaligen Aufsichtsräte müssen wieder auf der Anklagebank Platz nehmen, unter ihnen der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Das ist gut so.

Weniger wichtig: Ackermann wird wohl zurücktreten und damit jene befriedigen, die ihm die arrogante Victory-Pose nach seinem Freispruch im ersten Mannesmann-Verfahren und den angekündigten Stellenabbau in der profitablen Deutschen Bank nicht verzeihen. Ackermanns Nachfolger wird allerdings den Aktionären auch lieber eine hohe Rendite als gestiegene Personalkosten präsentieren. Es wird in dem neuen Prozess auch nicht darum gehen, ob Ackermann sich persönlich bei Mannesmann bereichert hat. Von dem empörenden maßlosen Nachschlag für den früheren Mannesmann-Chef Klaus Esser und seine Kollegen floss kein Cent in Ackermanns Taschen. Der Ausschüttung von 57 Millionen Euro aus dem Firmenvermögen hat er aber gemeinsam mit anderen Aufsichtsräten zugestimmt – und ist damit seiner Pflicht zum sorgfältigen Umgang mit der Unternehmenskasse nicht nachgekommen.

Die Hauptsache aber: Der Spruch des Bundesgerichtshofs zielt auf den Kern deutscher Unternehmensführung. Wie gut kontrollieren die Kontrolleure? Aufsichtsräte entscheiden in jeder Firma über die Höhe der Vorstandsgehälter. Sie sind mitbeteiligt an den Anstellungsverträgen mit ihren Sonderzahlungen und Aktienoptionen. Sie tragen dazu bei, dass Finanzmärkte und Renditeziele für den persönlichen Profit eines Managers wichtiger sein können als das langfristige Wohl seines Unternehmens.

Aufsichtsräte sind Gutsverwalter und keine Gutsherren – das Urteil aus Karlsruhe ist eindeutig. Es wird Signalwirkung für alle Aufsichtsräte der Republik haben, auch weil manche nun unsicher sein werden, was noch erlaubt ist. Wenn auch so vermeintlich sichere Besitzstände wie die Einkommen der Manager oder die Kumpanei von Vorstand und Aufsichtsrat infrage stehen, kann das dem Wirtschaftsstandort Deutschland nur gut tun. Und seiner Gesellschaft auch.