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Archiv-Artikel

Ganz Hamburg will Homosexuelle schützen

SEXUELLE IDENTITÄT Hamburgs Bürgerschaft einstimmig für Grundgesetzänderung zugunsten von Schwulen und Lesben. Niedersachsen und Schleswig-Holstein hatten Antrag im Bundesrat abgeschmettert

„Wer Normalität will, kann keine Extrabehandlung erwarten“

HEINER GARG, FDP

Es sei „eine Schande, dass Schwule, Lesben und Transgender 60 Jahre nach Verabschiedung des Grundgesetzes noch immer nicht unter dem Schutz der Verfassung stehen“, kritisierte der Grüne Farid Müller am Mittwoch in der Hamburger Bürgerschaft. Und fand, selten genug, den Beifall aller Fraktionen.

Anlass der Debatte war der vom Bundesrat am 27. November abgelehnte Gesetzentwurf, die Gleichheitsartikel im Grundgesetz zu erweitern. Darin forderten Bremen, Hamburg und zwei weitere Bundesländer, die Diskriminierungsverbote in Artikel 3 um das Merkmal „sexuelle Identität“ zu ergänzen. Bisher gilt für Homosexuelle im Grundgesetz nur der allgemeine Gleichheitssatz „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Die Neuformulierung sollte lauten: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seiner sexuellen Identität, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Hamburgs Justizminister Till Steffen (GAL) hatte vor der Länderkammer für einen „gesellschaftlichen Aufbruch“ geworben: „Es wäre ein angemessener Schlussstrich unter die staatliche Diskriminierung von Lesben und Schwulen in der Bundesrepublik Deutschland.“ Abgelehnt wurde der Antrag von der schwarz-gelben Mehrheit – auch von den Landesregierungen aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Justizminister Bernhard Busemann (CDU) begründete das Nein aus Hannover damit, eine Verfassungsänderung hätte„nur Symbolwert“. Und Schleswig-Holsteins schwuler Sozialminister Heiner Garg (FDP) erklärte nachträglich vor dem Sozialausschuss des Kieler Landtags: „Wer Normalität und Selbstverständlichkeit will, kann keine Extrabehandlung erwarten.“

Sobald sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat ändern, wollen CDU, Grüne, SPD und Linke in der Hamburger Bürgerschaft gemeinsam einen erneuten Versuch starten. UTE BRADE