KOMMENTAR: KAI VON APPEN ÜBER DAS FLORA-AUFTRITTSVERBOT
: Ein Irrenhaus

Man kann von Corny Littmann halten was man will. Sicher ist er ein gewiefter Kapitalist, der es versteht, zwei private Theater profitabel zu leiten. Und mit der Privatisierung des Spielbudenplatzes, einhergehend mit der Einrichtung einer Sprinkleranlage zur Vertreibung von Obdachlosen, hat er sich auch keine Freunde gemacht. Dennoch wäre sein Engagement bei der konzertanten Rio Reiser-Lesung bei den „erneuerbaren Lesetagen“ in der Roten Flora aus Freundschaft zu Reiser aufrichtig gewesen.

Und es ist schon aberwitzig, dass sein Auftritt lange und bis dato auf der Flora-Website angekündigt wird, obwohl er in den Augen einiger Rotfloristen eine Persona non grata ist. Letztlich wollte er nur zusammen mit Reisers Band Tone Steine Scherben nur das von ihm komponierte Vier-Minuten-Lied „Irrenhaus“ trällern – mehr nicht.

In das passt dann wiederum genau Littmanns Überreaktion, indem er den Rotfloristen Nazi-Methoden unterstellt. Und wenn dann der Dissens im Internet von Recht auf Stadt-Aktivisten angeheizt wird, indem ironisch zur Solidemo für Littmann vor der Roten Flora aufgerufen und ein Auftritt-Verbot für Jan Delay propagiert wird, kommt es einem Irrenhaus gleich. Dann ist es verständlich, dass die Künstler die Flucht in die Markthalle ergreifen.

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