Rumsfeld kündigt Teilabzug aus Irak an

Erstmals seit April 2004 könnte die Zahl der US-Truppen im Irak demnächst unter 138.000 sinken. Auch Großbritannien erwägt, einen Teil der Soldaten abzuziehen. Sunniten fordern lautstark eine Annullierung der „gefälschten“ Parlamentswahlen

BAGDAD/BERLIN afp/ap/taz ■ Die USA wollen bis zum kommenden Frühjahr 2 ihrer 17 Brigaden aus dem Irak abziehen. US-Präsident George W. Bush habe eine entsprechende „Anpassung“ der Streitkräfte genehmigt, sagte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gestern bei einem Überraschungsbesuch in der Sunnitenhochburg Falludscha. Rumsfeld nannte keine genauen Zahlen. Eine Brigade besteht aus 4.000 bis 5.000 Soldaten, im Irak könnten die Kampfbrigaden allerdings kleiner sein.

Der geplante Abzug der beiden Brigaden sei eine Reaktion auf die „Fortschritte“ des irakischen Volkes, das zunehmend Verantwortung übernehme, sagte Rumsfeld bei einem Treffen mit US-Soldaten in der früheren Rebellenhochburg Falludscha westlich von Bagdad. Die USA hatten Falludscha im November vergangenen Jahres eingenommen. Der Abzug der beiden Brigaden könnte zusammen mit den bereits beschlossenen Truppenreduzierungen rund um die irakische Parlamentswahl vom 15. Dezember bedeuten, dass die Zahl der im Irak stationierten Soldaten unter 138.000 sinkt. Dieses Niveau ist seit April 2004 nicht unterschritten worden.

Bereits am Vortag hatte der britische Premierminister Tony Blair bei einem Besuch der britischen Einheiten in Basra gesagt, es spreche nichts gegen den Beginn des Abzugs britischer Truppen aus dem Irak binnen der kommenden sechs Monate. Großbritannien hat derzeit 8.000 Soldaten im Irak stationiert, die USA 158.000. Rumsfeld und Blair verwiesen auf die Fortschritte beim Wiederaufbau des Irak und der irakischen Sicherheitskräfte. In einer Serie von Ansprachen hatte US-Präsident George W. Bush in den letzten Wochen Forderungen nach einem schnellen umfangreichen Abzug von US-Truppen aus dem Irak zurückgewiesen.

In Bagdad haben unterdessen gestern mehrere tausend Sunniten für eine Annullierung der Parlamentswahl vom 15. Dezember demonstriert. Nach dem Freitagsgebet zogen sie durch den Stadtteil Jarmuk im Westen Bagdads und durch Samarra nördlich der Hauptstadt und forderten eine Wiederholung des Urnengangs.

Am Donnerstag hatten 35 politische Gruppierungen das bisher vorliegende Teilergebnis der Parlamentswahl als „gefälscht“ zurückgewiesen und die Einrichtung eines internationalen Untersuchungsausschusses gefordert. Die Vereinten Nationen lehnen eine Überprüfung der Parlamentswahl jedoch ab. UN-Sprecher Robert Sullivan erklärte am Donnerstagabend, die Vereinten Nationen würden diese Aufgabe nicht übernehmen. Nach bisherigen Teilergebnissen haben die religiösen Schiiten die meisten Stimmen bei der Parlamentswahl geholt. Endgültige Ergebnisse sollen Anfang des Jahres bekannt gegeben werden.