: Die Berliner haben einen Tegel-Fetisch
DEBATTE ÜBER WEITERBETRIEB
Der Chef der Berliner FDP, Martin Lindner, war sich vergangene Woche nicht zu schade für den schlechten Scherz, einen Weiterbetrieb des Flughafens Tegel zu fordern. Vorher hatte Lindner, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, dessen wissenschaftlichen Dienst beauftragt festzustellen, was jeder weiß, der eins und eins zusammenzählen kann: Wenn die Regierenden es wollen, dann könnten sie die gesetzliche Grundlage schaffen, um Tegel weiterzubetreiben.
Ganz offensichtlich versucht Lindner auf der von Flughafenchef Hartmut Mehdorn ausgelösten Tegel-Welle zu surfen. Um sich zu Beginn seiner Amtszeit etwas Ruhe auf der Baustelle BER zu verschaffen, hatte Mehdorn der Stadt ein paar Worte zu Tegel hingeworfen, die viele Menschen seitdem vom Erhalt dieses guten alten Stadtflughafens träumen lassen. Längst breit von Medien gestreut ist die Umfrage, wonach mehr als zwei Drittel der Berliner Tegel dauerhaft als Flughafen behalten wollen.
Die Stadt hat einen Tegel-Fetisch, und, nun gut, er ist irgendwie erklärlich. Zum einen durch das BER-Desaster. Zum anderen mit der nüchternen Funktionalität Tegels. Der Flughafen dort ist eben keine überdimensionierte Shoppingmall mit angeschlossenen Flugsteigen – und er funktioniert. Wenn allerdings das genug sein soll, um mehr oder weniger mitten in der Stadt einen Flughafen zu behalten und Zehntausenden von Menschen Flugzeuge über den Kopf donnern zu lassen, dann kann Berlin nicht mehr ganz bei Trost sein.
SEBASTIAN PUSCHNER
■ Demo gegen Fluglärm, Samstag, 15.30 Uhr, Tegel, Terminal A