„Zwangsarbeit im Hafen“

Rundgang durch ein ehemaliges KZ in Neugraben

■ 79, war Schuster und Erzieher und stand bis 2010 dem Freundeskreis der KZ-Gedenkstätte Neuengamme vor.

taz: Herr Schultz, warum wurde das Lager am Falkenbergsweg, eine Außenstelle des KZ Neuengamme, 1944 gegründet?

Heiner Schultz: Weil man für die deutsche Kriegswirtschaft Zwangsarbeiter brauchte. Deshalb hat man im September 1.000 tschechische Jüdinnen, die auf dem Weg ins KZ Auschwitz waren, nach Hamburg gebracht.

Was mussten sie tun?

Anfangs haben sie in der Ölindustrie im Hamburger Hafen gearbeitet – unter anderem bei Shell. Später haben sie in Neugraben an der Plattensiedlung mitgebaut. Das heißt, sie mussten Boden ausheben, Loren schieben und Straßen bauen.

Existiert die Plattenbausiedlung noch?

In Teilen – allerdings völlig verändert. Die Siedlung überzog damals ein riesiges Gebiet, das für eine NS-Siedlung vorgesehen war, wo die Arbeiter für die Elbhochbrücke einquartiert werden sollten. Zwei Blocks sind in den 1960er Jahren abgerissen worden. Einer wurde saniert.

Und was blieb vom KZ?

Fundament-Reste auf einer Fläche von der Größe eines Fußballfeldes. Dort standen wohl noch bis 1945 zwei Baracken, in denen je 250 Frauen wohnten.

Ist die Fläche Brachland?

Nein, sie ist zum Glück ins Naturschutzgebiet Fischbeker Heide eingebracht worden.

Wird der Frauen gedacht?

Am ehemaligen Arbeitsplatz am Falkenbergweg existiert seit 1965 ein Gedenkstein. Er ist schon viermal geschändet worden, bis wir ihn schließlich so haben stehenlassen. Und am einstigen KZ steht ein großer Granitstein mit eingemeißeltem Text.

Seit wann interessieren Sie sich für das Lager?

Bewusst seit 1983. Unbewusst sicher länger: Meine Familie hat nach 1945 in einem der Plattenhäuser gewohnt.  INTERVIEW: PS

Rundgang über das Gelände des einstigen KZ am Falkenbergsweg: 17.30 Uhr, Bushaltestelle Neugrabener Heideweg (Linie 250)