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Archiv-Artikel

„Zwangseinweisung ist allerletztes Mittel“

RÄUMUNG Ute Fichte vom Sozialpsychiatrischen Dienst über Fälle wie den der verstorbenen Rosemarie F.

Ute Fichte

■ ist Leiterin des Sozialpsychiatrischen Dienstes in Berlin Mitte.

taz: Frau Fichte, nach dem Tod von Rosemarie F. wird die Verantwortung der Behörden diskutiert. Was kann der Sozialpsychiatrische Dienst tun, wenn jemand mit dem Alltag nicht mehr zurechtkommt?

Ute Fichte: Wenn wir den Hinweis bekommen, dass eine alte Frau sich nicht mehr alleine versorgen kann und wir den Eindruck haben, dass es drunter und drüber geht, würden wir einen Hausbesuch machen, entweder mit einem Arzt oder Sozialarbeiter, um uns einen Eindruck von der Situation zu verschaffen. Wir prüfen, ob eine psychische oder geistige Behinderung vorliegt, und schauen, wie wir helfen können und ob etwa das Sozialamt verständigt werden muss.

Wenn jemand aber keine Hilfe will?

In akuten Situationen gehen wir mit der Polizei vor Ort und klopfen so lange, bis der Betroffene aufmacht. Das ist dann der Fall, wenn der Betroffene Suizidandrohungen gemacht hat, Nachbarn bedroht oder in der Wohnung herumtobt. So gehen wir aber nur vor, wenn wir den Eindruck haben, dass jemand schwer psychisch krank ist.

Im Fall von Rosemarie F. hatte sich die Vermieterin an den Dienst gewendet, der die Mieterin nicht erreicht hat.

Dazu kann ich nichts sagen, ohne dass ich die Akten gesehen habe. Generell hat sich das Problem mit den Wohnungsräumungen aber verschärft. Vor einigen Jahren haben wir noch Hinweise von der Sozialen Wohnhilfe bekommen, wenn die Mietschulden immer höher wurden. Aus Datenschutzgründen darf das an uns nicht mehr weitergeleitet werden. Jetzt werden wir öfter zu Zwangsräumungen gerufen, wenn es schon fast zu spät ist.

Der Sozialpsychiatrische Dienst kann Betreuer einsetzen. In welchen Fällen ist das möglich?

Wenn jemand krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, wenn es aus der Wohnung riecht oder jemand immer wieder die Nachbarn attackiert. Dann kann nach einer Begutachtung und einer Anhörung des Amtsgerichts ein Betreuer eingesetzt werden. Ist der Betroffene nicht zu erreichen und kommt das Gericht zu der Auffassung, dass es Handlungsbedarf gibt, kann es einen Beschluss zur Vorführung veranlassen. Notfalls kann dann von der Polizei die Tür geöffnet werden und die Person vom Arzt schließlich in Ruhe psychiatrisch untersucht werden.

In welchen Fällen wird jemand zwangseingewiesen?

Dafür muss eine erhebliche Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegen. Es ist das allerletzte Mittel. INTERVIEW: MARTIN RANK

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