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Archiv-Artikel

vor ort DIRK ECKERT über unangenehme Neujahrsprämien bei Ford in Köln

Noch ist im Kölner Norden die Welt in Ordnung. Tag für Tag rollen bei Ford die Autos vom Fließband. Noch. Denn am ersten Arbeitstag 2006 werden wahrscheinlich hunderte Arbeitsplätze auf einen Schlag verwaist sein. Nach Informationen des Gesamtbetriebsrates sind bereits über 1.200 Ford-Beschäftigte auf das Angebot eingegangen, gegen eine Prämie von 20.000 Euro zum Jahresende auszuscheiden. Das Angebot gilt noch diese Woche. Gut möglich also, dass im neuen Jahr einzelne Abteilungen komplett leer stehen werden.

Der Gesamtbetriebsrat warnt bereits eindringlich vor „verheerenden Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Ford-Werke“. In den Kölner Ford-Werken arbeiten 19.000 Menschen. Durch den „Kahlschlag“ beim Personal seien unter anderem wichtige Projekte in der Produktentwicklung gefährdet. Das Unternehmen gebe aber keine Auskunft dazu, wie es weitergeht, beschwert sich Thomas Freels, der Geschäftsführer des Gesamtbetriebsrates. Auch gegenüber der taz bleiben die Autobauer vage: „Da wird man zu Lösungen kommen müssen, um das operative Geschäft aufrecht zu erhalten“, sagt Ford-Sprecher Erik Walner.

Glaubt man der Arbeitnehmervertretung, wurde ohnehin etwas nachgeholfen, damit möglichst viele Mitarbeiter „freiwillig“ ausscheiden. Beispielsweise sei Beschäftigten gedroht worden, ihr Job würde nächstes Jahr nicht mehr benötigt. „Fakt ist, dass es bei Ford noch nie eine Situation gegeben hat, in der die Belegschaft kollektiv in solch einer Form gemobbt wird“, stellt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Dieter Hinkelmann in einem Flugblatt fest.

Ford will solche Vorwürfe nicht kommentieren. Sprecher Walner bestätigt aber, dass jeder einzelne Mitarbeiter auf das Abfindungsangebot hingewiesen worden sei. Und Gewerkschaftler Freels weiß, wie wenig die Belegschaft gegen solche Offerten ausrichten kann: „Rechtlich können wir kein Abfindungsangebot verhindern.“

Warum die Stellen überhaupt abgebaut werden müssen, verstehen die Arbeitnehmervertreter ohnehin nicht. Erst Ende November hatte der Autobauer groß verkündet, seinen Vorjahres-Marktanteil in Deutschland von 7,5 Prozent gehalten zu haben. Insgesamt sei der Markt leicht gewachsen, daher habe auch Ford sein Produktionsvolumen absolut gesteigert, hieß es. „Der Personalabbau hat nichts mit dem Standort zu tun“, kritisiert Freels. Das sei „typisch amerikanische Machart“, meint er: Erst Personal entlassen und sich dann darum kümmern, wie der Betrieb weiterarbeitet.

Der Gesamtbetriebsrat hofft nun, dass wenigstens die angedrohten betriebsbedingten Kündigungen vom Tisch sind. Allerdings will die Unternehmensspitze schon wieder eine neue Betriebsvereinbarung aushandeln. In der letzten wurde unter anderem das Weihnachtsgeld auf Tarifniveau gesenkt. Im Gegenzug verzichtete Ford auf betriebsbedingte Kündigungen. Das reicht dem Autobauer jetzt nicht mehr: „Das Ziel ist, Personalkosten zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern“, sagt Sprecher Walner.