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Archiv-Artikel

Die Kultur in den Pariser Vorstädten

Das erste Museum für zeitgenössische Kunst in der Pariser Banlieue liegt mitten in Vitry-sur-Seine. Außerhalb der Pariser Stadtgrenze liegt auch eine Reihe von Theatern, die seit Jahrzehnten internationales Renommee haben

Die meisten Theater organisieren nach der Vorstellung Gratisbusse nach Paris

Das MAC/VAL ist ein flaches Gebäude mit horizontalen Linien und viel Platz und natürlichem Licht im Inneren. Aus der Cafeteria geht der Blick über einen noch nicht fertig gestalteten Garten zu „Kaninchenställen“. Schmucklose Wohntürme, wie sie seit den 60ern überall in der Pariser Banlieue gewachsen sind, um einkommensschwache Mieter unterzubringen. Das MAC/VAL, das erste Museum für zeitgenössische Kunst in der Pariser Banlieue, liegt mitten in Vitry-sur-Seine. Als es Mitte November eröffnet wurde, gab es in den umliegenden Straßen nachts immer noch kleinere Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei. An den eintrittsfreien ersten Öffnungstagen wachte die Polizei argwöhnisch über die großen Fassadenteile aus Glas.

Seither hat sich die Lage normalisiert. Was bei einem Besuch in dem neuen Musée d’Art Contemporain (MAC) in dem direkt südlich an Paris angrenzenden Département Val-de-Marne (VAL) bleibt, ist das Eintauchen in ein architektonisches und soziales Milieu, das so anders ist als im sechs Kilometer entfernten Paris. Die Anfahrt bis zu der Skulptur von Dubuffet auf dem Museumsvorplatz führt über Straßen, die den Namen des sowjetischen Kosmonaten Juri Gagarin und des französischen Revolutionärs Robbespierre tragen. Damit ist klar: Vitry-sur-Seine ist Teil des „roten Gürtels“ von Paris. Die südliche Vorstadt ist kommunistisch geblieben. Die 30 Millionen Euro für Bau und Erstausstattung des MAC/VAL freilich stammen aus vielen Töpfen. Auch Region und Kulturministerium sind daran beteiligt. Im Museum sind Gemälde und Installationen aus dem eigenen Bestand sowie Wechselausstellungen zu sehen – das meiste stammt von Künstlern, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geboren sind.

Wer sich für die architektonischen Abenteuer der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts interessiert, als die „Kaninchenställe“ noch einen guten Ruf hatten, kann mit der S-Bahn reisen. Als Ziele kommen die „villes nouvelles“ infrage, auf die Frankreich bei ihrer Entstehung in den 50ern und 60ern so stolz war: von Cergy-Pontoise im Norden über Marne-la-Vallée im Osten, Evry im Süden bis hin nach Mélun-Senart und Saint-Quentin im Südwesten. Manche sind begehrte Siedlungen, andere werden als Beispiele für „kriminogene“ Architektur bemüht.

Unmittelbar außerhalb der Pariser Stadtgrenze liegt eine Reihe von großen Theatern, die seit Jahrzehnten internationales Renommee haben. Darunter die experimentierfreudigsten Theater der Île-de-France, von denen viele auch mit ausländischen Bühnen zusammenarbeiten. Dazu gehören die Theater von Aubervilliers (Commune) und Bobigny (MC 93) im Pariser Osten, von Gennevilliers im Norden, Nanterre im Westen (Les Amandiers) und Ivry-sur-Seine im Süden. Die meisten dieser Theater organisieren nach der Vorstellung Gratisbusse, um ihre Zuschauer zurück in die Hauptstadt zu kutschieren. Denn die Theater liegen zwar in der Banlieue und verdanken ihre Existenz dem Engagement von Lokalpolitikern, doch das Publikum kommt mehrheitlich aus Paris. Trotz sozialer Preispolitik und trotz begleitender Programme für die örtlichen Anwohner bleiben die Berührungsängste. DOROTHEA HAHN

MAC/VAL: Dienstag bis Sonntag 12 bis 19 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr geöffnet. Eintrittspreis: 4 €. Anfahrt: Métro bis Marie d’Ivry, dann Bus 183