piwik no script img

Archiv-Artikel

Wohnprojekte sind enttäuscht

STADTENTWICKLUNG Die jetzt für gemeinschaftliches Wohnen ausgeschriebenen Immobilien gehen am Bedarf der Gruppen vorbei, die seit langem in Bremen ein Zuhause suchen

„Die meisten suchen etwas, wo sie alt werden können – und zwar nicht im Pflegeheim“

VON EIKEN BRUHN

Bessere Bedingungen für Wohnprojekte hatte Bausenator Reinhard Loske versprochen und jetzt mit einem konkreten Angebot eingelöst: Vergangene Woche schrieb die Stadt zwei Gebäude in Bremen Nord und ein Grundstück am Buntentorsteinweg aus. Erstmals sollen diese nicht an die Interessenten mit dem höchsten Gebot gehen, sondern an solche, die ein überzeugendes Konzept für ein gemeinschaftliches Wohnen vorlegen können.

Doch die Begeisterung hält sich in Grenzen. „Knapp vorbei ist auch daneben“, sagt Anita Kögel vom Arbeitskreis Wohnprojekte in Bremen, in dem sich derzeit noch fünf Gruppen treffen. „Es gibt noch mehr, aber die suchen schon seit vier bis sieben Jahren, in dieser Zeit hat sich in Bremen nichts mehr getan, die sind müde geworden“, so Kögel.

Für keine der ihr bekannten Gruppen kämen die ausgeschriebenen Immobilien infrage. Niemand wolle nach Bremen Nord und das Grundstück am Buntentorsteinweg sei für die meisten zu klein. „Wir suchen ja keine Hausgemeinschaft, sondern größere Zusammenhänge.“ Genauso sieht es Bärbel Dierks von „Wohnen und Mehr“ (WUM), einem Bremer Verein zur Förderung innovativer und Generationen übergreifender Lebens- und Wohnformen, der die fehlenden Möglichkeiten für Wohnprojekte in Bremen öffentlich gemacht hat. „Wir wollen nicht in die Randlagen“, sagt Dierks.

Das habe auch mit der Altersstruktur der Wohnprojekte zu tun: „Bei den meisten, die mir bekannt sind, geht es um Wohnen im Alter, das sind Alleinstehende und Paare um die 50, die etwas suchen, wo sie alt werden und sterben können – und zwar nicht im Pflegeheim.“ Dafür seien kurze Wege, wie es sie in der Innenstadt gibt, wichtig. Attraktiver sei in dieser Hinsicht das Grundstück im Buntentorsteinweg, sagt Dierks.

Der Haken: Mit 500 Quadratmeter Grundstücksfläche – einer engen Brache – ist es für die meisten Gruppen zu klein. Das bestätigt Joachim Böhm, Projektkoordinator der Genossenschaft Bauen und Leben, die Wohnprojekten bei der Realisierung hilft – und erst dann verdient, wenn es tatsächlich zu einer Realisierung eines Bauvorhabens kommt. „Die Gruppen, die wir beraten, brauchen 1.000 bis 2.000 Quadratmeter.“

Dabei begrüßen Kögel, Böhm und Dierks, dass sich überhaupt etwas getan hat. „Im Prinzip ist das Verfahren genau das, was wir gefordert haben“, sagt Dierks. Gut sei die verlängerte Bewerbungsfrist. Den Bietergemeinschaften wird eine viermonatige Bewerbungsfrist eingeräumt, bis zu der sie ein Angebot vorlegen können. Anschließend haben sie sechs Monate Zeit, um ihr Vorhaben zu konkretisieren. Das bedeutet vor allem: Die Finanzierung verbindlich zu klären. Über die Auswahl soll eine Kommission entscheiden, in der das Bauressort, Immobilien Bremen und der Stadtteil – Ortsamt oder Beirat – vertreten ist. Wie ernst die Stadt es mit der Förderung von Wohnprojekten meine, sagt Böhm von Bauen und Leben, zeige sich aber erst, wenn sie Immobilien herausrücken würde, die auch für finanzstarke Bauträger interessant seien. Wie viele hofft er darauf, dass anders als beim Stadtwerder und der Überseestadt zumindest im neu entstehenden Stadtteil auf dem Gelände des Klinikums Mitte auch Flächen für gemeinschaftliches Wohnen bereit gehalten werden. „Wir wollen das unbedingt“, bestätigte gestern der Sprecher des Bausenators, diese Woche sollten die Pläne für das Areal zwischen den Ressorts Gesundheit und Bau abgestimmt werden.

Um Geduld bittet die für die Ausschreibung und den Verkauf zuständige Immobilien Bremen. „Wir können nur das anbieten, was wir haben“, sagt deren Sprecher Peter Schulz. Die Kritik weist er zurück. „Bremen Nord ist eine attraktive Wohnlage“, sagt Schulz, „mit der Bahn sind es gerade einmal 20 Minuten in die Innenstadt.“ Auch glaubt er, dass eher kleinere Immobilien in Frage kommen.

Infoveranstaltung: 10. 2., 17 Uhr, Speicher XI, Zentrum für Baukultur