: Auf der Suche nach Ruhe
Jakub Janda aus Tschechien gewinnt das Neujahrsspringen der Vierschanzentournee in Garmisch. Der Weltcup-Führende will dem Finnen Janne Ahonen den Tourneesieg streitig machen
AUS GARMISCH-PARTENKIRCHENKATHRIN ZEILMANN
Er brauche Ruhe, das sei das Wichtigste, sagt Jakub Janda. Leider ist den Skispringern bei der hektischen Vierschanzentournee nicht viel Ruhe gegönnt. Und ganz selten ruhig wird es für die, die um den Gesamtsieg mitspringen. Als Führender im Weltcup war Janda in die Tournee gestartet. Aber erst beim zweiten Springen in Garmisch stand der Favorit ganz oben: Er gewann vor Janne Ahonen und dessen Landsmann Matti Hautamäki; bester Deutscher wurde Michael Uhrmann auf Platz sieben. „Es ist ganz wichtig, dass wir uns darum kümmern, dass er seine Ruhe hat“, sagt Tschechiens Teamchef Rostislav Jozifek, der das Umfeld organisiert.
Der 27-Jährige würde sich am liebsten ganz rar machen: An die Schanze fahren, springen, sich freuen, wenn das Resultat gut ist, und wieder abfahren. Pressekonferenzen meidet er, so gut es geht. Bei seinem Sieg vor Weihnachten in Engelberg musste er sehr dringend seinen Flieger erreichen und bei der Auftaktpressekonferenz zur Tournee verzögerte sich angeblich seine Ankunft in Oberstdorf.
Janda ist nicht schweigsam und verschlossen, wie es sein finnischer Konkurrent Janne Ahonen aus Gründen der Imagepflege ist. Er ist schüchtern und verlegen. Janda trägt eine Zahnspange und einen Ohrring. In seine Haare sind blonde Strähnchen gefärbt und sein Gesicht ist schmal. Seine Scheu scheint sich auch mit zunehmender Anzahl der Podestplätze nicht zu legen. Schließlich begann Jandas Aufstieg im Vorwinter, als er Bronze und Silber bei der WM gewann.
Der Höhenflug kam überraschend, nimmt er doch seit 1996 an Weltcups teil. Nie war ihm bis dahin der Durchbruch gelungen, nie war er aber dauerhaft so schlecht, dass er aus dem Weltcup-Team flog. Der tschechische Skisprung darbte, lebte von der Tradition großer Namen wie Jaroslav Sakala oder Pavel Ploc.
Dann kam Vasja Bajc. Der slowenische Coach hatte zuvor die Japaner trainiert und sollte nun die Tschechen wieder heranführen an die Besten. Jozifek sagt: „Wir haben alles umgekrempelt.“ Immerhin hatte sich Liberec im Riesengebirge erfolgreich um die nordische Ski-WM 2009 beworben. Und so ein Großereignis lässt sich euphorischer zelebrieren, wenn heimische Athleten Chancen auf Medaillen haben.
Bajc sei ein bekannter Name in der Skisprungszene, er habe viele Türen geöffnet, sagt Janda. „Und er brachte Spaß ins Team.“ Das Gefühl, mit Freude den Sport zu betreiben, ist sicher nicht der einzige Grund für Jandas Aufschwung. „Ich bin mental und physisch besser drauf als jemals zuvor“, bemerkt er.
Mit diesem Selbstvertrauen bringt er seine Sprünge zu Tal. Er hat sich von der Aufregung bei den Weltcups im heimischen Harrachov, als seine Landsleute ihn begeistert feierten, nicht anstecken lassen und souverän einen Heimsieg gefeiert. „Nein, nein, all die vielen Leute machen mir nichts aus“, sagt Janda. Und freilich ist in Tschechien längst nicht eine so große Hysterie ausgebrochen, wie es vor einigen Jahren in Polen der Fall war, als Adam Malysz von Sieg zu Sieg sprang. „Ich kann es genießen, dass sich die Leute mit mir freuen“, sagt Janda. Teamchef Jozifek ergänzt: „Wir springen ohne Druck, die gesamte Mannschaft hat Freude am Sport.“
Bei der Qualifikation in Oberstdorf ist Janda disqualifiziert worden, weil er die Gewichtsregel nicht eingehalten hat, 150 bis 200 Gramm zu schwer ist er gewesen. Er hätte deshalb kürzere Skier springen müssen. So sagt es das Reglement und so hat es Janda hingenommen. „Das war mein Fehler, das musste ich akzeptieren.“ Seine ihm so wichtige Ruhe lässt er sich auch davon nicht stören.