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Archiv-Artikel

Blech statt Böller

In Frankreich brennen in der Silvesternacht 425 Autos – mehr als im Vorjahr, aber weniger als befürchtet

PARIS taz ■ Trotz eines massiven Polizeiaufgebots sind beim gestrigen Jahreswechsel in Frankreich wieder 425 Autos verbrannt, 92 mehr als im Vorjahr. Doch im Vergleich zu den Nächten der Novemberkrawalle wirkt diese Bilanz halb so dramatisch.

Auf die Champs-Elysées, wo die Pariser zusammen mit Touristen aus aller Welt traditionellerweise den Jahreswechsel feiern, waren dieses Mal sichtbar weniger Menschen gekommen. Die Befürchtung, dass gewalttätige Jugendliche aus den Vorstädten zur Randale ins Pariser Zentrum einfallen würden, hatte seit Tagen die Runde gemacht. Viele zogen es deswegen vor, anderswo oder zu Hause auf das neue Jahr anzustoßen. Wo sonst am Silvester schnell einmal die Fußgänger die Fahrbahnen in Besitz nehmen, zirkulierten am Samstagabend noch Fahrzeuge. Vor allem jene der Polizei, die in demonstrativ großer Zahl über einen möglichst ungestörten Verlauf der Freiluftparty wachte.

Spätestens bis Mitternacht waren alle Befürchtungen verflogen. Die Menge wurde zu einer wogenden Masse, in der Champagnerflaschen von Mund zu Mund wanderten und sich Unbekannte „Bonne année!“ wünschten und küssten. Sprechchöre gegen Innenminister Nicolas Sarkozy und seine Ordnungshüter gingen im Festlärm unter.

In den frühen Morgenstunden atmete der Pariser Polizeipräfekt Pierre Mutz auf. Die Zahl der Straftaten, Sachbeschädigungen, Diebstähle und Aggressionen blieb im üblichen Rahmen. In der offiziellen Bilanz des Innenministeriums stehen aber trotz der massiven Prävention 425 Fahrzeuge, die in ganz Frankreich verbrannten. Das sind 92 mehr als vor einem Jahr.

Vor allem hat sich mit 267 die Zahl der betroffenen Gemeinden im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. In Folge der Unruhen vom November hat sich die absurde französische Spielart des „Silvesterfeuerwerks“ auf mehr als die Hälfte des Landes ausgedehnt. 19 Autos gingen in Straßburg in Flammen auf, das ist zwar weniger schlimm als das letzte Mal, aber trotzdem wieder ein landesweiter „Rekord“.

In den Vororten rund um Paris, wo 177 Autos in Brand gesteckt wurden, kam es nicht zu einem generellen Wiederaufflackern der Novemberkrawalle. Den Fahrzeugbesitzern, für die das Jahr mit einem Totalschaden beginnt, ist das wohl der kleinste Trost. RUDOLF BALMER