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Archiv-Artikel

Der Pate von Kirgistan

Asis Batukajew, der Pate von Kirgistan, war ein Nachbar der Familie Zarnajew

Bevor die Jagd auf die mutmaßlichen Bomber von Boston das Brüderpaar Zarnajew und ihren Heimatort Tokmok weltweit in die Schlagzeilen brachte, war die Stadt unweit der Hauptstadt Bischkek in Kirgistan vor allem wegen eines Mannes bekannt wie berüchtigt: Asis Batukajew, genannt „wor w sakone“ (Dieb im Gesetz). Batukajews bescheidenes Einfamilienhaus befindet sich in Tokmok in direkter Nachbarschaft zu dem ehemaligen Zuhause der Brüder Tamerlan und Dschochar Zarnajews. Beide Familien sind eng befreundet.

Batukajew ist die kriminelle Autorität des Landes am Tienschan-Gebirge mit besten Kontakten zu der politischen Elite. Wegen seiner guten Verbindungen erhielt der Tschetschene mit den weichen Gesichtszügen von der Unterwelt den Titel „Dieb im Gesetz“. Diese Bezeichnung entstammt der sowjetischen Lagertradition. Banden aus Tokmok dominieren die Unterwelt in Kirgistan, und Batukajew arbeitete aus der Zelle heraus als ihr Pate.

2005 wurde der Parlamentsabgeordnete und kleinerer Bruder seines Gegenspielers, Rispek Akmatbajew, bei einer Visite in dem Gefängnis, in dem Batukajew in luxuriöser Einzelzelle residierte, erschossen. Akmatbajew hatte die Vorherrschaft der tschetschenischen Banden herausgefordert. 2006 kam er auf dem Weg zur Moschee im Kugelhagel ums Leben. Dafür wurde Batukajew zu weiteren 16 Jahren Haft verurteilt. Anfang April dieses Jahres wurde der Tschetschene, der die meiste Zeit seines Lebens hinter Gittern verbrachte, auf spektakuläre Art freigelassen. Ein Richter verfügte wegen einer angeblich lebensgefährlichen Erkrankung die sofortige Freilassung des 47-Jährigen. Ein Hubschrauber brachte Batukajew direkt zum Flughafen der Hauptstadt Bischkek, wo ein Privatjet auf den Passagier wartete und ihn in die tschetschenische Hauptstadt Grosny ausflog. Ein kirgisischer Vizepremier musste wegen der obskuren Freilassung schon zurücktreten.

Wie die Familie Zarnajew zählte auch der Clan von Batukajew zu jener tschetschenischen Volksgruppe, deren Vorfahren von Stalin im Zweiten Weltkrieg vom Kaukasus in die kirgisische Steppe deportiert worden waren. Nach dem Zerfall der Sowjetunion kehrten viele von ihnen zurück in die historische Heimat, auch die Zarnajews, aber der ausbrechende Krieg in Tschetschenien verschlug sie wieder nach Tokmok, bis sie 2001 endgültig von dort aus in die USA auswanderten. MARCUS BENSMANN