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Archiv-Artikel

Rohstoffboom weckt schlafende Krieger

MOSAMBIK Die ehemalige antikommunistische Renamo-Guerilla wird nach zwanzig Jahren Frieden wieder aufsässig und droht mit Rückkehr zum Kampf. Hintergrund: Wachsender, ungleich verteilter Reichtum

JOHANNESBURG taz | Nach zwei Jahrzehnten Frieden geht in Mosambik wieder die Angst um: Greift die ehemalige Rebellenbewegung Renamo (Mosambikanischer Nationaler Widerstand) wieder zu den Waffen? Entsprechende Drohungen sorgen im Land für Unruhe. Und ein erster Anlauf zu einem Friedensdialog zwischen der regierenden, ehemals marxistischen Exbefreiungsbewegung Frelimo (Mosambikanische Befreiungsbewegung) und der einst von Apartheid-Südafrika als antikommunistisch unterstützten Renamo sind diese Woche gescheitert, nachdem Renamo die für Montag angesetzten Gespräche mit der Regierung boykottierte.

Mehrere tödliche Anschläge der vergangenen Wochen gehen angeblich auf das Konto der ehemaligen Rebellengruppe. Bei einem Überfall auf zwei Busse und einen Lastwagen auf der Fernstraße zwischen der Hauptstadt Maputo und der zweitgrößten Stadt Beira am 6. April kamen drei Menschen ums Leben. Der Angriff von bewaffneten Männern ähnelte den Guerilla-Taktiken der Renamo aus den Zeiten des Bürgerkrieges 1975 bis 1992. Er fand nahe des Ortes Muxungue statt, Hochburg des mittlerweile 60 Jahre alten Renamo-Chefs Alfonso Dhlakama.

Zwei Tage zuvor hatten bewaffnete Renamo-Mitglieder die Polizeistation in Muxungue gestürmt und vier Polizisten erschossen. Sie wollten ihre Parteifreunde befreien, die am Vortag bei einer Polizeirazzia des Renamo-Hauptquartiers festgenommen worden waren.

Die Spannungen in Mosambik steigen bereits seit Längerem. Nachdem die Polizei zwei Renamo-Mitglieder in ihren Büros tötete, zog sich Dhlakama im vergangenen November in die Berge bei Gorongosa zurück und drohte, ein Guerilla-Trainingscamp aufzubauen.

Die Anschläge sollten ernst genommen werden, meint Gwinyayi Dzinesa, Mitarbeiter des Internationalen Instituts für Sicherheitsstudien in Pretoria. „Renamo will als politischer Akteur gesehen werden und fürchtet, ihre Position ist gefährdet, weil Frelimo seit 1994 dominiert.“ Renamo hält 51 von 250 Sitzen im Parlament, Frelimo regiert uneingeschränkt. Vorwürfe, dass die Frelimo-Regierungselite korrupt ist und sich auf Kosten des Volkes bereichert, sind weitverbreitet und nehmen zu, seit Milliardeninvestitionen aus dem Ausland ins Land strömen.

Mosambik erlebt gerade einen Boom mit einem eindrucksvollen Wirtschaftswachstum von sieben Prozent, aber nur ein geringer Teil der Bevölkerung profitiert davon. Die Umverteilung des Reichtums außerhalb der Hauptstadt lässt auf sich warten. Aber die Erwartungen der Bevölkerung sind hoch, nachdem immer wieder neue Erfolgsmeldungen aus dem Rohstoffsektor kommen. Die Rovuma-Erdgasfelder im Indischen Ozean vor der Küste sollen angeblich genug Gas liefern, um Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien 15 Jahre lang beliefern zu können. Die Bergbaukonzerne Rio Tinto und Vale haben in der Provinz Tete rund 10 Milliarden US-Dollar investiert, um eines der weltweit größten Kohlevorkommen abzubauen.

Doch Dzinesa glaubt nicht, dass Renamo zu einem neuen Guerilla-Krieg fähig ist. Die Kriegsveteranen von früher sind gealtert, ausländische Unterstützung wie damals durch Apartheid-Südafrika gäbe es nicht mehr. Renamo kann also nur auf dem Verhandlungsweg Einfluss auf die Politik erstreiten. Ein wichtiger Gradmesser dafür werden die Kommunalwahlen im November. Renamo hat seiner Mitgliedschaft angewiesen, sich nicht für diese Wahlen zu registrieren – Reaktion auf angebliche Wahlmanipulation bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2009. MARTINA SCHWIKOWSKI