: Feuriger Eidgenosse
Der 1. FC Köln hat einen neuen Trainer. Es ist Hanspeter Latour. Zuletzt hat er Grasshoppers Zürich trainiert. Der Schweizer soll den Klub retten und die Medien unterhalten
KÖLN taz ■ Spätestens nach einer Viertelstunde hatte Hanspeter Latour die Sympathie Kölner Journalisten gewonnen. Dabei muss man bedenken, dass in Marcel Koller vor gerade einmal eineinhalb Jahren ein Trainer aus der Schweiz in Köln grandios gescheitert ist. „Das ist ein verrückter Verein, sonst hätten die ja nicht noch einen Schweizer genommen“, sagte Latour. Der neue Mann hat das Potenzial, zu einem Liebling der Stadt aufzusteigen, so viel ist schon mal sicher. Vorausgesetzt, ihm gelingt der Klassenerhalt.
In der Schweiz gilt Latour als Medienfigur mit Unterhaltungswert. Und als Trainer hat der 58-Jährige sich in den vergangenen Jahren ebenfalls einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Bis 2001 war er Assistent von Christian Gross, dem erfolgreichen Trainer des FC Basel, der kurz darauf in der Champions League reüssierte. Dann trainierte er den FC Thun, der auch recht respektabel in der Königsklasse spielte. Und vor genau einem Jahr übernahm er die Grasshoppers aus Zürich und führte das Team vom Rande der Abstiegsplätze bis in die Gruppenphase des Uefa-Cups. Zum entscheidenden Spiel gegen Dnjepropetrowsk kamen im Dezember nur 1.800 Zuschauer, im Kölner Abstiegskampf erwarten ihn regelmäßig 50.000, allein daran ist der Reiz abzulesen, der das Angebot für den 58-Jährigen ausgeübt hat.
„Die Qualität der Mannschaft kann man nicht so einfach verbessern“, sagte Latour, aber „es muss Holz nachgelegt werden, damit das Feuer wieder brennt“. In Latour brennt es offenkundig lichterloh, er konnte kaum still sitzen vor Tatendrang. „Und wenn ich meinen Kontrakt anschaue, dann denke ich, es gibt auch noch Raum für die eine oder andere Spielerverpflichtung“, scherzte er munter weiter.
Ob diese Maßnahmen allerdings reichen für das große Ziel Klassenerhalt, wird auch davon abhängen, wie er mit dem komplizierten Umfeld des Klubs zurechtkommt. Wie sein Vorgänger soll Latour zu Wutausbrüchen neigen, Uwe Rapolder hatte deshalb große Probleme mit Teilen der Mannschaft und sah sich nach ruppigen Worten immer wieder mit bösen Schlagzeilen konfrontiert.
Latour soll aber eine größere Resistenz gegenüber den Aufgeregtheiten des Fußballalltags besitzen. Das dürfte ihm das Leben in Köln erheblich erleichtern, wenngleich seine Unkenntnis der Bundesliga nicht gerade für den Mann spricht, für den sich die Kölner nach Gesprächen mit insgesamt 21 (!) Trainern entschieden haben. Zunächst einmal wird er allerdings eher mit Wohlwollen beobachtet werden.
Die Neue Zürcher Zeitung zitierte ihn jüngst mit der Aussage: „Fußballer müssen in einen Grenzbereich getrieben werden, und die Mittel, die dem Trainer dazu zur Verfügung stehen, sind unter anderem die Sprache, die Gestik sowie starke Sinnbilder.“ Im Umgang mit jungen Spielern, von denen es in Köln viele gibt, soll er meist den richtigen Ton treffen.
Anders als Uwe Rapolder bewertet der gebürtige Berner die Systemfrage des Fußballs: „Hat man als Trainer die Möglichkeit, seine Denkweise durchzusetzen, oder hat man nicht den Auftrag zu versuchen, aus dem vorhandenen Potenzial das Maximum herauszuholen?“
DANIEL THEWELEIT