: „Das schaffen wir schon“
„Mit Gottes und Allahs Segen“ (23.30 Uhr, ARD) ist ein kuscheliger Film über christlich-muslimische Hochzeiten
„And I will always love you“, heult Whitney Houston am Ende, und das glückliche Hochzeitspaar dreht sich im Kreis. Film aus. Am Anfang jedoch war die Angst: Die Münchener Steuerfachgehilfin Anna ist katholisch, ihr aus dem Irak stammender Freund Ala ist Muslim, und getraut wurden beide unter Beibehaltung ihres Glaubens von einem katholischen Priester. Kann das gut gehen? Können denn Christen und Muslime überhaupt friedlich zusammenleben?
Die Filmemacherin Corinna Belz beantwortet diese Frage mit einem deutlichen Ja, indem sie zwei christlich-muslimische Hochzeiten inklusive Vorbereitungen porträtiert, zwei mitunter steinige Wege zum Glück. Christian ist IT-Manager in Köln, seine Mutter legte Wert auf eine katholische Erziehung. Oya ist Einkäuferin in einer Baufirma und Kind einer türkischen Gastarbeiterfamilie, und ihre Mutter hatte einen lebenslangen Traum, der ihr nun erfüllt werden soll: eine große türkische Hochzeit für ihre einzige Tochter. Da muss die deutsche Schwiegermutter durch, mit zusammengebissenen Zähnen und viel gutem Willen: „Das schaffen wir schon“, sagt sie zu ihrem Mann, später werden sie zusammen mit den muslimischen Hochzeitsgästen zu türkischer Popmusik tanzen – auch ihr einziger Sohn ist längst zum Islam konvertiert, gefilmt von Belz’ Kameramann, die Autorin selbst durfte während der Zeremonie nicht anwesend sein. Corinna Belz möchte mit diesem im Auftrag des SWR produzierten Film die alltägliche Situation des Zusammenlebens zwischen Christen und Muslimen dokumentieren, um einen Gegenpol zur Berichterstattung über Ehrenmorde und Terroranschläge zu setzen. Auch sie zeigt so genannte Einzelfälle – ein Argument, das gerne gegen die Debatte um Ehrenmorde in Stellung gebracht wird –, allerdings positive. Letztlich zieht dieser Film seine Kraft aus der durchschlagenden Kraft der Liebe, die imstande ist, sämtliche Vorurteile, Ängste und Grenzen aus dem Weg zu räumen: Beim Drehen des Hochzeitsvideos hat Ala Angst, seine Braut vor der Kamera zu küssen, der Verwandtschaft im Irak wegen. Anna hilft ihm: „Jetzt mach halt mal!“. Und es geht dann auch.
Die subtilere Botschaft von „Mit Gottes und Allahs Segen“ liegt versteckt in der detailgetreuen Ausleuchtung von verwandtschaftlichen Erwartungshaltungen, Enttäuschungen und Hoffnungen. Gesichter, die entgleisen oder gute Miene machen, manchmal sogar Zuversicht ausstrahlen. Das alles im Gegenschnitt zu den sich selbstbewusst ihrer Wünsche gewissen Paare Anna & Ala und Oya & Christian: Es sind nicht hauptsächlich die Religionen, die ihrem privaten Glück im Wege stehen, sondern die starren Familienstrukturen.
MARTIN REICHERT