IN FRIEDRICHSHAIN : Dreiste Räuber
Wird Berlin tatsächlich immer gefährlicher? Weder wurde ich in den mehr als 20 Jahren, seit ich hier lebe, ausgeraubt, noch zusammengeschlagen oder überfahren. Einmal wurde meine Handtasche gestohlen, doch da war ich selbst dran schuld, weil ich sie allein auf einer Bank in einer Bar zurückgelassen hatte. Neulich allerdings wurde ich Zeuge einer Straftat, die mir doch zu denken gibt.
Ich saß an einem Montagvormittag in dem hübschen Café ganz am Anfang der Simon-Dach-Straße, wo leuchtend gelbe Plastikstühle zum Platznehmen einladen. Die Sonne schien, doch weil die Arbeit rief, setzte ich mich mit meinem Laptop brav in den schattigen Innenraum. Durch das große Fenster betrachtete ich die Blumenrabatten neben dem Gehweg, für deren Gestaltung der Inhaber des Cafés eine Patenschaft übernommen hat. Ich begrüßte das sehr, weil nun Spaziergänger und Kunden auch etwas anderes zu sehen und zu riechen bekommen als immer nur leere Bierflaschen und Hundekacke. Der Cafébetreiber erzählte mir, dass er überlege, ein Verlängerungskabel nach draußen zu legen, damit die Gäste auch in der Sonne arbeiten können. Ich war unschlüssig, ob das für mich infrage kommt, und blieb drinnen. Wie gut die Entscheidung war, zeigte sich am Mittag.
Da wurde einem jungen Mann, der mit dem Laptop in der Sonne Platz genommen hatte, sein Arbeitsgerät direktemang aus dem Schoß geklaut. Der Dieb war aus einem Hauseingang neben dem Café gekommen, hatte sich das Teil geschnappt und auch nicht davon abgelassen, als der Besitzer es festhalten wollte. So schnell wie er gekommen war, war er samt dem Laptop wieder weg. Ein Komplize hatte ihm die Haustür von innen aufgehalten. Nach wenigen Minuten kam die Polizei. Doch da hatte sich der Dieb schon längst über einen Hinterausgang aus dem Staub gemacht. BARBARA BOLLWAHN