: Widerstand gegen Ballermann-Pläne
SCHANZENVIERTEL In der Susannenstrasse will das Bezirksamt die Flächen für Außengastronomie deutlich erhöhen. Die Anwohner fürchten die zusätzliche Möblierung und den Lärm – und wehren sich dagegen
Wolfgang Neumann, Anwohnervertreter
In der Susannenstraße im Schanzenviertel sollen die Flächen der Gastronomen auf den Bürgersteigen, die den Passanten den Platz wegnehmen, verlegt werden auf die Flächen, die momentan als Parkbuchten dienen. So will es das Bezirksamt Altona. Dagegen wehren sich die Anwohner: Erstens mit einer Petition an die Bürgerschaft, die Ende September 2009 eingebracht wurde, aber aufschiebende Wirkung nur im Hinblick auf Baumaßnahmen und nicht in Bezug auf die Planung hat. Außerdem haben die Anwohner im November 2009 eine Bürgerinitiative gegründete, die zehn aktive und 30 weniger aktive Mitglieder hat.
Eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion der Bezirksversammlung bezüglich der Flächen, um die es geht, ergab Zahlen, die Gertrud Jacobshagen und Jochen Rolcke von der Bürgerinitiative erschrecken. Gab es bislang 141 Quadratmeter Außenbewirtschaftung in der Susannenstraße, sollen es künftig, wenn in den Parkbuchten gegessen und getrunken wird, 407,5 Quadratmeter sein. Bis auf einen Gastronomen haben alle Interesse an Außengastronomie angemeldet. Frau Jacobshagen wohnt seit 20 Jahren in der Susannenstraße, zweiter Stock und schläft nach hinten raus. Fast alle schlafen hinten raus, denn vorne tobt von März bis Oktober der Bär.
„Manchmal“, sagt Frau Jacobshagen, „stehen jungen Leute im Hinterhof, trinken und unterhalten sich“. Rolcke, zweiter Stock, schläft hinten raus, kennt einen Gastronomen mit zwei Betrieben, dem „Goldfischglas“ Ecke Bartels- und Susannenstraße, und einem auf der Piazza, der das ganze Jahr Außengastronomie betreibt. Mit Heizkörpern an der Wand: „Schanzenbesucher sind hart im Nehmen.“
Wolfgang Neumann, Anwohnervertreter im Sanierungsbeirat der Schanze, staunt, dass die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) 70.000 Euro zum Umbau der Parkbuchten beisteuert. Das BSU-Geld ist zur Verbesserung des Wohnumfelds gedacht, „und hier passiert doch wohl das Gegenteil“, so Neumann. Den Rest der Kosten tragen die Gastronomen.
Jacobshagen nickt: „Der Charakter der Straße wird sich noch mehr verändern. Optisch und was den Lärm anbelangt.“ Da die Gastronomen nicht die Lagerflächen für Tische und Stühle haben, die sie für die Außengastronomie brauchen, werden die über Nacht draußen bleiben, und Schanzenbesucher, die auch feiern wollen, aber die Preise der Kneipen nicht zahlen können, werden, wenn die Betuchten gegangen sind, weiter machen, versorgt von den Kiosken. Rolcke: „Bis morgens, wie auf der Schinkenstraße auf Mallorca.“
Neumann kann nicht verstehen, dass „so etwas gegen den erklärten Willen der Anwohner durch gedrückt wird“. Auch einige Hausbesitzer sind über die Planungen des Bezirks nicht froh. Wer wäre verpflichtet einen eventuell notwendigen Rückbau des Rückbaus der Parkbuchten zu finanzieren? „Das wird“, sagt Neumann, „gerade juristisch geklärt“.
„Wegziehen“, sagt Jacobshagen, „ist nicht auszuschließen“. Neumann hat von etlichen Familien gehört, die sagen: „Wenn das kommt, gehen wir!“ Rolcke will bleiben: „Wer hier wegzieht, gibt viel auf.“ Am Donnerstag um 18 Uhr tagt im Kollegiensaal des Rathauses Altona die Bezirksversammlung. Auf der Tagesordnung: die Susannenstraße. „Wir sind alle da“, sagt Neumann.
ROGER REPPLINGER