Stille Häfen

Nächsten Mittwoch werden alle Häfen Norddeutschlands 24 Stunden lang aus Protest gegen EU-Politik bestreikt

Am 11. Januar sollen alle Häfen an den norddeutschen Küsten still stehen. 24 Stunden lang soll zwischen Emden, Kiel und Stralsund kein Container bewegt und keine Tonne Stückgut gelöscht werden. Entsprechende Pläne bestätigte gestern die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di der taz auf Anfrage. „Da wird sich den ganzen Tag nichts regen – außer Protest“, ist sich Uwe Schröder sicher, beim Hamburger ver.di-Landesverband zuständig für Häfen und Verkehr.

Anlass ist die geplante Neufassung der Richtlinien für Hafendienstleistungen (Port Package II) durch das Europäische Parlament. Diese sieht vor, dass Schiffsbelegschaften künftig die Ladung ihrer Schiffe selbst löschen können. Die Gewerkschaften befürchten zudem, dass Reeder eigene Abfertigungsanlagen betreiben könnten und Investitionen in den Häfen zurückgehen.

Auch der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe hat inzwischen die Parlamentarier aufgefordert, die von der EU-Kommission vorgelegte Novelle bei der ersten Lesung am 17. und 18. Januar abzulehnen. Anderenfalls würden „leistungsfähige Hafenunternehmen in den deutschen Seehäfen in ihrer Existenz gefährdet“.

Die „Selbstabfertigung“ durch die Crews sei ein Schritt „zur Selbstabschaffung der Belegschaften in den Hafenbetrieben“, warnt deshalb Schröder. Noch dramatischer seien allerdings die Folgen der in Port Package II vorgesehenen europaweiten Ausschreibung von Hafendienstleistungen. Dann drohten koreanische und chinesische Reederei-Konsortien sich in die EU-Häfen einzukaufen. Was dann mit den Beschäftigten und den Tarifverträgen geschehe, „ist ja wohl klar“, sagt Schröder. Zudem sei vollkommen ungeklärt, was mit den bisherigen Investitionen der Betriebe in Terminals und Kaianlagen geschehe: „Es gibt nicht einmal eine Abfindungsregelung“, klagt der Gewerkschafter, der zumindest in diesem Punkt auch die Unternehmensführungen an seiner Seite weiß.

Schwerpunkt der EU-weiten Proteste werden im Norden Bremerhaven und Hamburg sein. An der Elbe werden sich auch „alle 3.000 Beschäftigten“ der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) an den Aktionen beteiligen, wie der Betriebsratsvorsitzende Fred Timm gestern ankündigte. Dieser Termin komme gerade recht, um die Ablehnung des vom Hamburger Senat geplanten Verkaufs der HHLA an die Deutsche Bahn auszudrücken. Da könne der Senat „gleich mal sehen, wozu wir Hafenarbeiter fähig sind“. Sven-Michael Veit