Nur Rot-Rot ist für NPD-Verbot

ABSTIMMUNG Der Bundestag zieht nicht vors Verfassungsgericht, um die rechtsextreme Partei verbieten zu lassen. Auf Antrag der Länder startet das Verfahren trotzdem

„Gegen Feinde dürfen sich Demokraten nicht neutral verhalten“

THOMAS OPPERMANN, SPD

AUS BERLIN WOLF SCHMIDT

Der Bundestag wird nicht selbst vor das Verfassungsgericht ziehen, um die rechtsextreme NPD verbieten zu lassen. Eine klare Mehrheit der Abgeordneten, insbesondere von FDP und Union, hat sich am Donnerstag gegen einen entsprechenden Antrag der SPD entschieden. Diese hatte eine namentliche Abstimmung erzwungen. Lediglich die Linkspartei stellte sich im Bundestag voll auf die Seite der Sozialdemokraten. Die Grünen enthielten sich mehrheitlich.

Schon im März hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung beschlossen, keinen eigenen Antrag zu stellen. Trotzdem wird es ein Verbotsverfahren geben: Die Länder haben sich bereits Ende 2012 dafür entschieden.

In der Debatte im Bundestag argumentierten die Sozialdemokraten mit dem Prinzip der wehrhaften Demokratie. „Gegen ihre Feinde dürfen sich Demokraten nicht neutral verhalten“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann. „Diese Partei ist antidemokratisch, sie ist antisemitisch, sie ist ausländerfeindlich und in Teilen gewaltbereit.“ Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke, argumentierte ebenfalls für ein NPD-Verbotsverfahren und begründete das mit der engen Verflechtung der Partei mit militanten Neonazikameradschaften. „Die NPD lässt keinen Zweifel daran, dass sie Verhältnisse herstellen will, wie wir sie im Faschismus hatten“, sagte Jelpke.

Vertreter von Union und FDP sagten, die NPD sei sicher eine verfassungsfeindliche Partei. Sie bezweifelten aber, dass die Bedingungen erfüllt seien, die das Verfassungsgericht in Karlsruhe und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg an ein Parteiverbot stellten. „Die Risiken sind hoch, der Ausgang ist ungewiss“, sagte Stefan Ruppert von der FDP. Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl verwies auf den desolaten Zustand der NPD, die bei Wahlen derzeit keine Rolle spiele und kaum mehr als 5.000 Mitglieder zähle. „Die NPD ist glücklicherweise eine sterbende Partei“, sagte Uhl. Ein Verbot sei schon wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit „schwierig bis unmöglich“, glaubt er.

Die Grünen wollten sich am Donnerstag nicht festlegen. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer, Volker Beck, warnte vor einem „Wettbewerb, wer am höchsten aufs antifaschistische Treppchen kommt“.

Dagegen hatte der Bundesrat im Dezember mit großer Mehrheit entschieden, einen Antrag auf ein NPD-Verbot zu stellen. Ministerpräsidenten von Union, SPD und Grünen waren dafür, nur das schwarz-gelbe Hessen enthielt sich. Derzeit arbeiten die Berliner Rechtsprofessoren Christoph Möllers und Christian Waldhoff die Klageschrift der Länder aus. Im Juni soll sie beim Verfassungsgericht eingehen.