: Korruptionsaffäre droht Scharon zu stürzen
Ein Fernsehbericht präsentiert neue Indizien für eine mögliche Bestechung des israelischen Regierungschefs
JERUSALEM taz ■ Als hätte Ariel Scharon nicht schon genug am Hals – heute unterzieht sich der israelische Premierminister einer Herzoperation. Allerdings legten die Ärzte den Termin dafür schon fest, ehe neue Informationen in einer Korruptionsaffäre an die Öffentlichkeit kamen. Dabei geht es um 3 Millionen Dollar, die Scharon von den österreichischen Brüdern James und Martin Schlaff bekommen haben soll, um Schulden zu begleichen und Wahlkampfkosten von 1999 zu finanzieren.
Der israelische Privatsender Channel 10 veröffentlichte am Dienstagabend ein Schreiben der Polizei. Demnach existiert neues Beweismaterial in dem Fall, der den derzeit populärsten Politiker in Israel knapp drei Monate vor den Parlamentswahlen in die Knie zu zwingen droht.
Fernsehreporter Baruch Krah machte das laut Stempel am 1. 1. 2006 eingegangene Dokument ausfindig, mit dem sich die polizeiliche „Nationale Untersuchungseinheit“ an das Gericht in Rishon LeZion wendet und den Verdacht gegen „Herrn Ariel Scharon“ äußert. Im Rahmen der Untersuchungen seien „Beweise gefunden“ worden, die auf „die Verwicklung von James Schlaff (fortan: James) … und seines Bruders Martin Schlaff (fortan: Martin) bei der Überweisung von 3.000.000 Dollar an die Familie des Premierministers“ deuten.
Martin Schlaff hält mit 44 Prozent den größten von vier Anteilen an dem Casino in Jericho, das seit Beginn der Intifada im Herbst 2000 geschlossen ist. Davor beliefen sich die Tagesumsätze auf rund 700.000 Dollar. Berichten der Jerusalem Post vom Mai 2004 zufolge war die Wiedereröffnung des Casinos mehrfach Gesprächsthema zwischen Scharon und Schlaff.
Die Polizei hat „am 22. Dezember eine Durchsuchung in der Wohnung der Familie Schlaff vorgenommen“, bestätigte Polizeisprecher Micky Rosenfeld auf telefonische Anfrage. Dabei seien „Dokumente, Telefone und Computer“ konfisziert worden. Bei der Polizei besteht Verdacht, dass „die fragliche Summe an die Familie Scharon transferiert wurde“, bestätigt Rosenfeld, der glaubt, dass sich in den Computern entscheidendes Beweismaterial befindet. Auf gerichtliche Anweisung wurde der Polizei allerdings untersagt, das Computermaterial auszuwerten. Wo sich die Wohnung der Schlaff-Eltern befindet und warum die Polizei die Razzia vornahm, wollte der Sprecher nicht mitteilen.
Für den Abgeordneten Roni Bar-On, der sich vor kurzem Scharons Liste Kadima anschloss, handelte es sich um reine „Routine“. Im Umfeld von Scharon nennt man die Berichte einen „journalistischen Flop“. Die Verdächtigungen gegen die Familie Scharon seien „das Ergebnis einer Schlamperei“ bei der Polizei. Die Familie Schlapp vermutet sogar politische Motive hinter den jüngsten Veröffentlichungen. Channel 10 gehöre dem US-Milliardär Ronald Lauder, und der unterstützte Likud-Chef Benjamin Netanjahu. Bis Dienstagabend befand sich die Liste Scharons weiter auf dem Vormarsch. Mit 42 Prozent lag sie vor der Arbeitspartei, die kaum 20 Prozent schaffen würde. Der Likud liegt derzeit bei 14 Prozent. SUSANNE KNAUL
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