: Edmund Stoiber muss zweimal zur Klausur
CSU-Chef regiert seinen Sprengel in der Unionsfraktion per Aufmucken. Partei tut sich schwer mit neuer Rolle in Berlin
KREUTH afp/taz ■ Als die Sozialdemokraten sich nach der Bundestagswahl im September kurzzeitig zur stärksten Partei in Deutschland erklärte, zeigten die Unionsleute ihnen gern den Vogel. Die Union habe selbstredend die meisten Wähler gehabt. Sie sei als Einheit aus CDU und CSU zu verstehen.
Diese Einparteientheorie ist bei der Kreuther Klausurtagung der CSU-Bundestagsfraktion selbstverständlich passé. CSU-Generalsekretär Markus Söder beeilte sich stets, die Eigenständigkeit des Solitärs CSU zu betonen. Seine Partei müsse in Berlin als kleiner Partner zwischen den beiden Großen CDU und SPD vermitteln, „zwischen Marktradikalen und Sozialutopisten“.
Edmund Stoiber, der zunächst nur zu Beginn der Klausurtagung erwartet worden war, rückte gestern erneut im Wildbad Kreuth an. „Wir kommen bei unserer Themensuche nicht richtig voran“, erzählte ein Mitglied der Parteiführung. Edmund Stoibers politischer Bericht bekam deshalb eine ungeplante Verlängerung, in der die Christsozialen alle möglichen Bereiche der politischen Agenden abklopften. Richtig viel weiter waren die 46 Bundestagsabgeordneten, darunter auch Michael Glos und Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer, anschließend aber nicht.
Obwohl die CSU in Bayern jahrzehntelange Regierungsverantwortung hat, scheint sie nach sieben Jahren Opposition im Bund jetzt schwer verunsichert. „Es ist eine strategisch neue Position“, entschuldigte sich der neue Landesgruppenchef der CSU in Berlin, Michael Ramsauer. Seine Aussage, bei der Austarierung dieser Position „sehr weit“ gekommen zu sein, bestritten Mitglieder seines Fraktionssprengels. Die Abgeordneten hätten sich bei ihren Beratungen schwer getan, wirklich zündende Ideen zu finden. Rasch sei etwa allen klar gewesen, dass die Atomkraftdebatte alleine nicht weiterführe. „Wir müssen das Thema Energie als Ganzes diskutieren“, forderte ein Landesgruppenmitglied. Ebenso rätselten die Parlamentarier, was ihr Zukunftsthema sein solle. „Wir dürfen nur ja nicht zur Bayernpartei verkümmern“, mahnte deshalb ein CSU-Vorstandsmitglied. Wie sie die Position ihres Parteichefs Edmund Stoiber (CSU) sehen, ließen die Parlamentarier ihren Vorsitzenden hinter verschlossenen Türen deutlich spüren. Nachdem in den vergangenen Jahren Stoiber breite Zustimmung erhalten hatte, gab es diesmal zahlreiche Widerworte und Nachfragen. „Die CSU-Landesgruppe hat jetzt eine viel breitere Brust gegenüber Stoiber“, berichtete ein Sitzungsteilnehmer. Daran ändere auch die jüngste Umfrage nichts, die die CSU auf einmal in Bayern wieder bei 56 Prozent sieht.
Falls Stoiber aufmucke, werde ihm halt gesagt, dass er ja in der großen Koalition hätte mitmachen können, drohte ein Landesgruppenmitglied.