: Ein Bus für alle Fälle
Weil die Verkehrsverbünde Strecken still legen, fahren immer mehr Bürgerbusse – wie bald in Engelskirchen
Früher fuhren die Busse der OVAG den steilen Berg von Engelskirchen zum katholischen Krankenhaus hinauf. Jetzt müssen sich autolose Besucher jedes Mal ein Taxi nehmen. Ab März soll sich das ändern. Der Bürgerbusverein Engelskirchen hat mit Steuermitteln einen Kleinbus gekauft, der zunächst drei Mal die Woche Personen aus entlegenen Ortschaften befördern soll. „Der Service ist für Leute gedacht, die sonst keine Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“, sagt Vereinsmitglied Markus Bisterfeld.
Bürgerbusse gibt es in Nordrhein-Westfalen bereits seit 1985. Damals fuhr der erste in den münsterländischen Gemeinden Legden und Heek. Heute sind die Verkehrsmittel in mehr als 60 Kommunen im Einsatz. Das Landesministerium für Bauen und Verkehr unterstützt die Vereine mit einer jährlichen Organisationspauschale von 5.000 Euro und fördert die Anschaffung eines Fahrzeugs mit einem Festbetrag von 30.000 Euro.
Der Erfolg des Landesprogramms beruht auf einer einfachen Tatsache: Seit die kommunalen Verkehrsverbünde teilprivatisiert wurden, sind sie angehalten, Profit zu erwirtschaften. Weniger frequentierte Strecken werden deshalb stillgelegt. Doch der Bedarf bleibt. Jetzt fahren mit Steuermitteln geförderte Busse. Am Lenkrad sitzen ehrenamtliche Fahrer. „Wir haben jetzt eine fahrfähige Truppe“, freut sich der Engelskirchener Bisterfeld. Die meisten Freiwilligen seien Rentner. Das Höchstalter für die Fahrer beträgt 70 Jahre.
Bevor der Engelskirchener Bus auf die Straße darf, müssen OVAG, Straßenverkehrsamt, Polizei und Ordnungsamt sowohl das Fahrzeug als auch die Strecken zulassen. Der Bürgerbus darf nicht parallel zu bestehenden Routen fahren, sonst würde er der OVAG billige Konkurrenz machen. Ein Ticket soll 1,50 Euro kosten, ermäßigte Billets 1 Euro.
Die Hauptkosten fallen im laufenden Betrieb für Treibstoff und Versicherung an. Der Engelskirchener Bürgerbus soll zusätzlich mit Sponsoring finanziert werden. Wenn er bald umgebaut aus der Werkstatt kommt, soll er den potenziellen Werbekunden präsentiert werden.
„Achtzig Prozent unserer Kunden sind Senioren“, weiß Bisterfeld. Und die meisten anderen seien Schüler. Der neue Bürgerbus soll sie aus entlegenen Orten abholen. In diesem Winter mussten viele Kinder täglich Kilometer laufen, weil der Schulbus vor zwei Jahren abgeschafft wurde.
SEBASTIAN SEDLMAYR