IDENTITÄTSBEDÜRFNIS
: David in Westberlin

„I never felt freer than I did in Berlin“, sagte Bowie einmal

Während in London die Massen in die dortige David-Bowie-Ausstellung strömen, wird in der Fasanenstraße 37 an die Berliner Zeit des Stars gedacht. Ich hatte ein bisschen Angst, dass „A Tribute to David Bowie Hauptstrasse“ vielleicht ein bisschen peinlich ist. Dann war aber doch alles gut. Es gibt Auftragsbilder und solche, die schon da waren, wie das große düstere Mauerbild von Rainer Fetting.

Egbert Baqué, der Galerist, sitzt an seinem Schreibtisch und raucht Gauloise-Zigaretten. Hinter ihm das schöne Aquarell „Life on Mars“ von Abetz & Drescher, das den jungen David Bowie zeigt, wie er so hippiemäßig und mit einer Gitarre im Gras vor dem Reichstag sitzt. Im Boden unter ihm Skelette.

Der sozusagen dokumentarische Teil der Ausstellung: die Cover der drei Berlin-Alben und zweier Iggy-Pop-Platten, die Bowie produziert hatte, Filmplakate von „Cabaret“, „Kinder vom Bahnhof Zoo“ und „Schöner Gigolo, Armer Gigolo“, stille Fotografien von Joachim Seinfeld von Bowie-konnotierten Orten; der Eingangsbereich des Bahnhof Zoo, das Kreuzberger Restaurant Exil, die Hansa-Studios, der Hausflur seiner ehemaligen Wohnung in der Hauptstraße 155 usw. Verschiedene Bilder, die das Major-Tom-Motiv variieren. Ein „Mimesis“ betiteltes Schwarzweißfoto von Tim Plamper – zwei Lines, ein Glas Milch und eine Pepperoni. „Ziggy Kirchner“ variiert Erich Heckels Kirchner-Porträt „Roquariol“. Die Gestik auf dem Heckel-Bild war Vorbild für die Gesten auf „Heroes“ und „The Idiot“ von Iggy Pop.

„I never felt freer than I did in Berlin“, sagte Bowie einmal. Es gibt Rhabarberkuchen. Die Ausstellung ist ein schöner Erfolg, an manchen Wochenenden kommen über dreißig Besucher, erzählt Baqué, der ein großer Bob-Dylan-Fan ist. David Bowie ist ein Stück Westberliner Identität, das auf ein retrospektives Identitätsversicherungsbedürfnis stößt. DETLEF KUHLBRODT