: Rein äußerlich nichts aufgefallen
Michelle-Prozess: Sozialarbeiterin hat Kinderzimmer nur „sporadisch kontrolliert“
Im Prozess um den Tod der vernachlässigten Michelle vor dem Hamburger Landgericht hat eine Sozialarbeiterin eingeräumt, die Kinderzimmer der achtköpfigen Familie trotz eines insgesamt schlechten Zustands der Wohnung nur „sporadisch kontrolliert“ zu haben. Sie habe die Familie oft mittags besucht, wenn die Kinder nach Angaben der Mutter schliefen, sagte die Frau laut einer gestern verlesenen Aussage. Manchmal habe sie die Kinder hinter der Tür gehört, manchmal nicht. „Dann habe ich mich einfach darauf verlassen, was die Mutter mir erzählt hat.“
Michelles Eltern sind wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Ihre zweieinhalbjährige Tochter war im Juli 2004 in der völlig verdreckten Wohnung im Stadtteil Lohbrügge an einem Hirnödem gestorben. Laut Anklage hatten die 28-jährige Mutter und der 35-jährige Vater keine ärztliche Hilfe für Michelle gesucht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, auch Michelles fünf Geschwister vernachlässigt zu haben. Alle wiesen erhebliche Entwicklungsverzögerungen auf.
Die Sozialarbeiterin, die bis zweieinhalb Monate vor Michelles Tod für die Betreuung der Familie verantwortlich war, hatte eine Aussage vor Gericht verweigert, weil gegen sie und zwei weitere Kolleginnen ermittelt wird. Sie haben möglicherweise von den katastrophalen Zuständen in der Familie gewusst, jedoch nicht rechtzeitig reagiert.
Die Wohnung der Familie war laut der verlesenen Aussage sehr dunkel, von Schimmel befallen und voller Fliegen. „Rein äußerlich“ aber sei ihr „an den Kindern nichts aufgefallen.“ In der Regel habe sie bei ihren Besuchen sich aber nur Flur, Bad und Wohnzimmer angeschaut. Der Prozess wird fortgesetzt. LNO