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Archiv-Artikel

„Das müsste umgekehrt sein“

DISKUSSION Kinderarmut ist das Thema einer von den Grünen organisierten Podiumsdiskussion

Von SCHN
Gerd Wenzel

■ 70, ist Jurist im Ruhestand sowie Verbandsratsvorsitzender und Präsidiumsmitglied des Paritätischen in Bremen.

taz: Herr Wenzel, wie viele arme Kinder leben in Bremen?

Gerd Wenzel: Sehr viele. In Bremen liegt der Anteil der Kinder, die auf Hartz-IV-Niveau leben müssen, bei 30 Prozent, und bei alleinerziehenden Müttern sind es sogar mehr als die Hälfte.

Was muss in Bremen geschehen, um diesen Anteil zu verringern?

Der Ausbau von Kitas für Kinder unter drei Jahren ist sicher hilfreich. Aber wir wollen eine bundesweite Lösung, nämlich die Einführung einer Kindergrundsicherung. Da kann das Land Bremen einen Beitrag leisten, indem es eine entsprechende Bundesratsinitiative startet.

Aber es gibt doch bereits in Form von Hartz IV eine „Grundsicherung“ ...

Ja, aber eine Kindergrundsicherung soll auch für die Eltern sein, die ein bisschen mehr verdienen und deren Kinder deshalb leer ausgehen. Das Ziel ist, dass die materielle Absicherung von Kindern nicht mehr nur Aufgabe der Eltern ist. Außerdem ist es ein Unding, dass gut Verdienende mehr Kindergeld bekommen als Niedrigverdiener.

Jeder bekommt doch gleich viel Kindergeld, oder etwa nicht?

Nein, das hat etwas mit der Verbindung von Kindergeld mit dem Steuerfreibetrag zu tun. Die sorgt dafür, dass Besserverdienende 278 Euro Kindergeld bekommen und schlechter Verdienende 184 – das müsste umgekehrt sein!

Was hätten BezieherInnen von Sozialleistungen von einer Kindergrundsicherung?

Viele würden dann aus dem Hartz-IV-Bezug herausfallen, denn eine alleinerziehende Verkäuferin bekäme ohne ihr Kind kein Hartz IV. Für sie alleine würde ihr Verdienst ausreichen. Und: jeder Hartz-IV-Bezieher weniger würde Einsparungen für Bremen bedeuten.INTERVIEW: SCHN

18 Uhr, Café Blocksberg, Bewohnertreff Blockdiek