Streitthema Gaspreis

Russland will höheren Gaspreis von Bulgarien. Ukraine verzichtet auf Russengas. Litauen plant neues AKW

SOFIA/KIEW/STOCKHOLM taz/dpa/rtr ■ Der russische Gasversorger Gazprom versucht in Bulgarien die Gaspreise zu erhöhen. Sofia wurde aufgefordert, ein „marktübliches Niveau“ zu akzeptieren. Dies lehnte Bulgarien gestern ab. Bisher zahlt das Land etwa 83 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter Gas. Die Bulgaren berufen sich dabei auf einen Liefervertrag mit der Gazprom, der bis 2010 gültig sei. Bulgarien bezieht einen Großteil seines Gases aus Russland. Allerdings ist auch Gazprom von den Bulgaren abhängig – durch das Land laufen Leitungen in die Türkei, nach Griechenland und Mazedonien.

Erst am Mittwoch hatten die Ukraine und Gazprom ihren Gasstreit beigelegt. Als Kompromiss soll die Ukraine nun 95 statt 50 Dollar zahlen. Der staatliche ukrainische Energieversorger Naftogaz Ukrainy teilte jedoch gestern mit, man benötige dieses Jahr überhaupt kein Gas aus Russland mehr – aufgrund von Lieferzusagen aus Turkmenien. Julia Timoschenko, die frühere ukrainische Regierungschefin, kündigte an, gegen den neuen Vertrag mit Gazprom zu klagen.

In einem Interview der Berliner Zeitung erklärte der ukrainische Ministerpräsidenten Juri Jechanurow, alternative Energien wie Wasser-, Wind- und Sonnenenergie weiter ausbauen zu wollen. Gleichzeitig würde die Ukraine stärker auf Atomenergie zurückgreifen. Bereits jetzt erzeugt die Ukraine mit 15 Reaktoren etwa 48 Prozent ihres Stroms. In der Ukraine steht auch die Reaktorruine von Tschernobyl: Ende 2005 stellte Deutschland 12,4 Millionen Euro zur Verfügung, um den Schutz-„Sarkophag“ mit einer neuen Hülle zu versehen.

Auch Litauen will offenbar einen neuen Atomreaktor bauen. Das Wirtschaftsministerium hat Anfragen an mehr als 20 internationale Konstruktionsfirmen, Stromkonzerne, Investoren und Großabnehmer verschickt. Wie litauische Medien berichten, sollen die Firmen innerhalb von zwei Monaten angeben, ob sie sich an einem Reaktor in der Größenordnung von 800 bis 1.600 Megawatt beteiligen wollen. Die Zustimmung zur Atomkraft liegt in Litauen bei 60 Prozent. MIME, WOLFF