: Der natürliche Feind des Fußballs
Auch in der Winterpause bleibt Fußball die Sportart Nummer Eins. Statt der Bälle rotieren vor allem die Gehirne der Verantwortlichen. Die Beispiele aus der Nachbarschaft zeigen: Am Ende gibt es nur einen Verlierer – das Spiel ohne Ball
Was bringt uns die Winterpause? Vor allem in NRW! Bobfahren oder Skispringen – interessanter ist allemal, wie es Borussia Dortmund beim Efes-Pilsener Cup ergeht, oder ob Lukas Podolski demnächst auf dem selben Niveau spielen darf, wie seine Mitspieler. Wozu also die Winterpause, wenn es auch dann wieder nur um den Fußball geht? Was könnte nicht alles verhindert werden?
Die Fußballstadien sind seit dem 20. Dezember geschlossen und bleiben dies auch, bis zum 28. Januar. Mehr als fünf Wochen. Natürliche Gründe gibt es dafür nicht. Spieler und Verantwortliche quälen sich unterdessen von Hallenturnier zu Hallenturnier, oder fliegen für eine Woche in den verregneten Süden, ins Trainingslager. „Das Wetter ist eine Katastrophe“, wird Marcel Koller, Trainer des Zweitligisten VfL Bochum im spanischen Campoamor zitiert. Bochum meldet seit vier Tagen: Drei Grad, bewölkt, kein Niederschlag. Das Ruhrstadion bietet Rasenheizung und Vollüberdachung. Derzeit aber gähnende Leere.
Und was in fünf spiel- und sinnfreien Wochen so alles passieren kann: Der MSV Duisburg verpflichtet einen ehemaligen Weltmeister als Trainer. Jürgen „Mir reichen 1:0-Siege“ Kohler soll den Aufsteiger vor der Rückkehr in die zweite Liga bewahren. Könnte klappen. In Kohlers Fußballleben kommt das Wort Abstieg nicht vor. Abzüge in der B-Note: Duisburg ist seine erste Trainerstation. 700 Fans sahen das erste Training. Doppelt so viele legten in der Winterpause eine Dauerkarte nach – wenn man sonst nichts zu tun hat.
Manche drücken einfach den Repeat-Button. Der 1. FC Köln setzt im Abstiegskampf zum Beispiel auf Hanspeter Latour, bis vor kurzem noch Trainer der Grashoppers Zürich. „Das ist eine schwierige, aber reizvolle Aufgabe. Wir müssen alles daran setzen, dem 1. FC Köln die Bundesliga zu erhalten“, sagte der Schweizer. Das Zitat stammt vom 2. November 2003. Der Schweizer hieß damals Marcel Koller. Latour sagte beim Amtsantritt vor einer Woche: „Ich weiß, dass es eine schwierige Aufgabe ist...“ – ob Lukas Podolski mithelfen wird, ist noch offen. Der Hamburger SV, Werder Bremen und Bayern München werben. „Es weiß doch jeder, dass Bayern der beste Club in Deutschland ist“, weiß nicht nur Podolski.
Andere werden Trainer in Schalke und heißen Mirko Slomka: „Wenn einer wie ich gefragt wird...“, Michael Steinbrecher kitzelt aus seinen Sportstudiogästen alles heraus. Und die Illoyalitätsvorwürfe seines ehemaligen Chefs Ralf Rangnick? „In meinem Herzen wird er ein Freund bleiben“, so der Ex-Co-Trainer der Herzen, Mirko Slomka. Wer jetzt für die Verpflichtung des ehemaligen Jugendtrainers aus Hannover zuständig war, wird sich wohl nie klären. Manager Rudi Assauer war zum betreffenden Zeitpunkt entmachtet – verkündete Aufsichtsratschef Clemens Tönnies. Teammanager Andreas Müller dementierte schnell: „Ich wäre ja blöd, wenn ich auf seine Riesenerfahrung nicht zurückgreifen würde.“ Zum Beispiel bei der Trainersuche. Übrigens hatte sich Ralf Rangnick noch im Mai für eine Verkürzung oder Abschaffung der Winterpause ausgesprochen. Hätte ihn Auf Schalke aber auch nicht gerettet. Assauer leitete die nötigen Schritte bereits vor dem letzten Spieltag des Jahres ein. Eigentlich habe er bis zu Winterpause warten wollen, aber er sei „zum vorzeitigen Handelen gezwungen worden“. Nicht auszudenken, hätte Assauer länger gewartet...
Dann besser durchspielen, wie die Briten – die alten Briten. Die neuen wollen die Winterpause plötzlich abschaffen, nach etlichen Jahren. Wegen der beschwerlichen Anreise zwischen den Jahren. Kein Spiel mehr am 26. Dezember, dem boxingday, kein Sylvester-Neujahrskick und keine Matches am 2. Januar, dem Urlaubstag der britischen Banker. Warum schauen die Engländer nicht einfach mal nach NRW?
HOLGER PAULER