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Archiv-Artikel

NSU-Opfer wollen Journalisten helfen

PROZESS Freie Plätze der Nebenkläger sollen weitergereicht werden können. Gericht ist dagegen

„Das Konzept ist: unten die Beteiligten, oben die Journalisten“

GERICHTSSPRECHERIN ANDREA TITZ

FREIBURG taz | Einige Angehörige der NSU-Opfer wollen ihre Sitzplätze im Oberlandesgericht (OLG) an Pressevertreter weitergeben. Doch voraussichtlich wird das OLG dies ablehnen, weil es dem Sicherheitskonzept des Gerichts widerspricht.

Rund 77 Nebenkläger mit 53 Anwälten können ab Montag am Prozess gegen das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe mit garantiertem Sitzplatz und eigenen Verfahrensrechten teilnehmen. Von diesem Recht können viele Angehörige der Ermordeten aber nicht Gebrauch machen, schreibt jetzt der Anwalt Yavuz Narin, der die Familie des in München getöteten Griechen Theodorus Boulgarides vertritt.

Sie seien so traumatisiert, dass sie nur in Begleitung von weiteren Verwandten kommen könnten, für die aber kein Platz sei. Sie blieben lieber zu Hause, als in „engsten räumlichen Verhältnissen mit den mutmaßlichen Mördern und Peinigern ihrer Angehörigen zusammengepfercht zu sein“. Die Plätze sollten dann aber an Verwandte anderer Nebenkläger oder eben an Journalisten weitergegeben werden können, beantragte Narin jetzt beim OLG.

OLG-Sprecherin Andrea Titz macht aber zumindest den Journalisten wenig Hoffnung, dass sie noch bei den Nebenklägern sitzen können. „Das Sicherheitskonzept des Gerichts sieht eine klare Trennung vor: Unten im Saal sitzen die Verfahrensbeteiligten, oben auf der Empore die Zuschauer und Journalisten.“ Es gebe auch getrennte Eingänge. Dies diene nicht zuletzt dem Schutz der Nebenkläger.

Unterdessen hat das OLG noch einem weiteren Medium einen sicheren Platz auf den Pressebänken zugesprochen. Auch das im Entstehen befindliche linke Magazin ZOB aus Berlin kann von dem angeblichen „Jahrhundertprozess“ gegen Beate Zschäpe berichten. Das erneute Losverfahren wurde möglich, weil am Montag ein WDR-Mitarbeiter ausgelost wurde, der seinen Antrag längst zurückgezogen hatte.

Wie erwartet hat das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag die Klage des Journalisten Martin Lejeune abgewiesen. Er hatte beim ersten Akkreditierungsverfahren im März einen sicheren Platz im NSU-Prozess ergattert, verlor diesen aber wieder, weil er am Montag nicht ausgelost wurde. Dadurch seien „Grundrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt“ worden, entschieden die Richter ohne weitere Begründung. Am Vortag hatte Karlsruhe in einem anderen Verfahren abgelehnt, die Videoübertragung des Verfahrens in einen Nebenraum anzuordnen. CHRISTIAN RATH