: Die Wiederkehr der Schwermut
BERLINER NULLNUMMER Stagnation statt Fortschritt: Die Hertha-Offensive lahmt gegen den VfL Bochum wieder bedenklich. Nur die Defensive des Tabellenletzten kann beim zweiten torlosen Remis in Serie überzeugen
BERLIN taz | Gewiss hätte Trainer Friedhelm Funkel das Spiel gegen den VfL Bochum nicht benötigt, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen: „Für den Klassenerhalt müssen wir Spiele gewinnen.“ Was sich so trivial anhörte, gewann am Samstag jedoch aufgrund der gerade beendeten Partie an Gewicht. Als der Vorhang nämlich fiel, war vor allem eine Frage offen: Wie und gegen wen soll Hertha Tore schießen?
Eine Woche nach der Nullnummer gegen Gladbach zappelte auch gegen Bochum das Leder nicht einmal im Netz. Die Schwermut der Vorrunde nistete sich wieder im Olympiastadion ein. Kapitän Arne Friedrich konnte sich nicht an eine Torchance im ersten Spielabschnitt erinnern. „Das war eines Abstiegskampfes nicht würdig.“ Danach gelang es zwar Hertha, Gefahrensituationen in der gegnerischen Hälfte zu schaffen, der Lösung des Problems, wie der Ball über die Torlinie soll, kam man aber nicht näher. Als Cicero aus drei Metern den Bochumer Torhüter Philipp Heerwagen abschoss (63.), wusste man, dass selbst die besten Gelegenheiten den Berlinern nicht weiterhelfen würden.
Das Offensivspiel der Hertha gleicht einem Modellbausatz, bei dem die entscheidenden Teile fehlen und die vorhandenen nicht zusammenpassen. Stürmer Adrian Ramos bietet sich meist an falscher Stelle an. Sein Kollege Theofanis Gekas, der im Winter als neuer großer Hoffnungsträger gepriesen wurde, ist nach wie vor ein Fremdkörper im Team. Einmal mehr war Friedhelm Funkel als Hertha-Advokat gefragt. Der 56-Jährige pochte auf mildernde Umstände: „Die Bochumer hatten eine gute Spielanlage.“ Mit deren Forechecking sei seine Mannschaft erst zurechtgekommen, nachdem man die taktische Aufstellung verändert habe. Danach, so der Coach, sei bis auf den Torabschluss die Leistung in Ordnung gewesen. Ein Makel allerdings, von dem man im Abstiegskampf schwerlich absehen kann.
Gedanklich ist man bei Hertha vor gut zwei Wochen die Rückrunde noch recht forsch angegangen. Manager Michael Preetz legte folgenden Notenspiegel vor: „Perfekt wären neun Punkte aus den ersten drei Spielen, gut sind sieben, mindestens sechs müssen es aber werden.“ Fünf sind es nun geworden. Diesen Wert hatte Preetz in seiner Punkteskala gar nicht vorgesehen. Das Klassenziel Ligaerhalt ist nach wie vor in weiter Ferne. Wobei der Tabellenletzte trotz seiner 180-minütigen Torflaute gar zwei Punkte auf die schwächelnde Konkurrenz aufholen konnte. Positiv zu vermerken ist, dass die Berliner in der Defensive an Stabilität gewonnen haben. Mit Neuzugang Levan Kobiashvili hat man auf der linken Abwehrseite die größte Schwachstelle der Vorrunde beheben können. Hertha blieb zum dritten Mal in Folge ohne Gegentor.
Vor fatalen Fehlern ist die Abwehr aber weiter nicht gefeit. Lukas Piszczek etwa leitete einen der gefährlichsten Bochumer Angriffe ein. Allerdings verstolperte Stanislav Sestak die gute Gelegenheit. Und in der 91. Minute stand den Berlinern das Glück noch enger zur Seite. Milos Maric traf nach einem Freistoß nur den Pfosten. JOHANNES KOPP