: Dunkelstdeutschland
HORRORQUATSCH Geld von hier, Cast aus dem Ausland: „Hepzibah – Sie holt dich im Schlaf“, 20.15 Uhr, Pro7
So ein Ostdeutschland haben Sie noch nicht gesehen! Nicht mal auf ProSieben, da hat sich der Sender wirklich selbst übertroffen. Gegen das düstere (fiktive) Örtchen Selmen irgendwo im äußersten Südosten der Republik erscheinen die Elendszonen der neuen Bundesländer in den unappetitlichen Dokusoaps der ProSiebenSat.1-Gruppe geradezu einladend: Die erwachsenen Männer sehen allesamt aus wie russische Drogenhändler, viele der jungen Frauen tragen blonde BDM-Zöpfe, und die Straßen scheinen seit Jahrzehnten nicht mehr geteert worden zu sein.
Aber vielleicht muss das so sein, wenn man einen im tiefen Osten Deutschlands angesiedelten Film für den internationalen Markt dreht; vielleicht müssen da sämtliche diffusen kulturellen und geografischen Vorstellungen bedient werden, die man im Rest der Welt von bad old Germany pflegt. Denn auch wenn es wirklich nichts Gutes über diesen Film zu sagen gibt, so besitzt er doch Pionierfunktion: „Hepzibah“ ist die erste Fernsehproduktion, die komplett mit deutschem Geld, aber durchweg englischsprachiger Besetzung gedreht wurde.
Es herrscht ja ein gewisser Druck unter den Fernsehschaffenden hierzulande: Wie kann man souverän auf die Internationalisierung des Marktes eingehen? Und wie lassen sich die immer schmaleren Senderetats aufbessern? Und wie schafft man Anreize, Anbieter im Ausland für Lizenzierungen des eigenen Produkts zu gewinnen?
In dieser Hinsicht kann ProSiebens verquaster Teenieschocker (Regie: Robert Sigl) wirklich punkten. Mit der jungen Britin Eleanor Tomlinson hat man einen potenziellen Superstar des Kinos als Hauptdarstellerin gewinnen können. Ab März ist sie in Tim Burtons Märchenspektakel „Alice in Wonderland“ zu sehen.
Als Kirsten im ostdeutschen Wunderland kann Tomlinson „Hepzibah“ allerdings auch nicht retten. Das zarte Keira-Knightley-Lookalike spielt eine Halbwüchsige, die wie eine Reihe Gleichaltriger dazu verdammt ist, an ihrem 18. Geburtstag zu sterben – es sei denn, sie kann vorher das Geheimnis um einen alten Hexenfluch lösen. Nachrichten aus der Zwischenwelt werden hier während des Chats im Internet empfangen, und die zumeist klapperdürren blassen Mädchen laufen somnambul wie Heidi Klums „Topmodels“ auf Schlafentzug durch die nicht wirklich nacherzählbare Handlung.
Es ist also eher fraglich, ob die federführende UFA-Fernsehproduktion hier wirklich ein Ticket in der Hand hat, um zukünftig auf dem internationalen Markt mitmischen zu können. Gerade hat man zusammen mit einer englischen Firma in Berlin ein Subunternehmen gegründet, in dem weitere weltweit vertreibbare Stoffe entwickelt werden sollen. Doch auch wenn der Adoleszenzhorror „Hepzibah“ lustvoll Klischees aus dem Wilden Osten Europas mit internationalen Teencodes verquickt – diese Mischung aus „Nosferatu“ und SchülerVZ, aus „Twilight“ und sächsischem Mittelaltermarkt dürfte in den Videotheken dies- und jenseits des Atlantiks wie Blei in den Regalen liegen. CHRISTIAN BUSS