: Grüne setzen auf Seniorin
Die Ex-Bundestagsabgeordnete Eichstädt-Bohlig, 64, will die Grünen in die Abgeordnetenhauswahl im September führen. Doch wer leitet die Fraktion: sie oder die bisherige Vorsitzende Sibyll Klotz?
VON MATTHIAS LOHRE
Während die CDU noch nach einer „externen Lösung“ für die Spitzenkandidatur bei der Abgeordnetenhauswahl sucht, haben die Grünen bereits eine gefunden. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Franziska Eichstädt-Bohlig hat sich schriftlich für den Frauen vorbehaltenen Landeslistenplatz 1 beworben. Eine Gegenkandidatin gibt es bislang nicht. Im Schreiben an ihre Parteifreunde fordert die Kandidatin in spe Priorität für Bildung, Wissenschafts- und Hochschulpolitik in Berlin sowie „kinderfreundliche Stadtteile“. Auf Kritik an ihrem Alter entgegnet die 64-Jährige: „Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass die politische Haltung wichtiger ist als das physische Alter.“
Mit Eichstädt-Bohligs Kandidatur wird die Frage aktuell, wer nach der Wahl im September einen der beiden Fraktionschefposten besetzt: die prominente Ex-Bundespolitikerin oder die Fraktionsvorsitzende Sibyll Klotz. Denn bei der Abgeordnetenhauswahl vor vier Jahren war Klotz beides: Spitzenkandidatin und Fraktionschefin.
Die Arbeitsmarktexpertin Klotz führt die 14-köpfige Fraktion seit sechs Jahren und ist unumstritten. Im September 2005 verpasste die 44-Jährige knapp den Einzug in den Bundestag über die Landesliste. Seither hält sie sich bei der Frage bedeckt, ob sie im Februar erneut für den Fraktionsvorsitz antritt. „Tendenziell ja“, sagt Klotz. „Aber ich werde erst auf der Fraktionsklausur am kommenden Samstag entscheiden.“
Ein Ja zur erneuten Kandidatur müsse jedoch keinen Konflikt zwischen ihr und Eichstädt-Bohlig bedeuten: „Es gibt kein Gesetz, dass die Spitzenfrau gleichzeitig Fraktionschefin ist.“ Am 1. April stimmt eine Mitgliederversammlung über die Grünen-KandidatInnen für die Abgeordnetenhauswahl ab.
Der Landesvorsitzende Till Heyer-Stuffer begrüßte Eichstädt-Bohligs Bewerbung. „Sie ist eine kompetente Kandidatin. Das zeigt schon ihre bisherige politische Arbeit.“ Seit Monaten kursierte in Parteikreisen der Name der langjährigen Bundespolitikerin. Nach elf Jahren im Bundestag hatte die Haushaltsexpertin nicht mehr für die Bundestagswahl im September 2005 kandidiert. Als sich Eichstädt-Bohlig im Juni 2005 auf einer Mitgliedervollversammlung verabschiedete, bekam sie großen Beifall. Die hiesigen Grünen hatten die gelernte Architektin und Stadtplanerin in den Bundestag entsandt.
Doch wer wird nach der Abgeordnetenhauswahl im September die starke Frau der Grünen sein? Die beiden temperamentvollen Politikerinnen werden kaum bereit sein, die Macht in der kleinen Fraktion zu teilen. Sibyll Klotz winkt ab. Was nach der Wahl kommt, werde auch erst dann beschlossen.
Die Reaktionen in der Fraktion auf eine externe Spitzenkandidatin sind gemischt. Der Vorteil einer Spitzenkandidatin Eichstädt-Bohlig sei ihre Bekanntheit. Zudem fehle es an einer Alternative. Doch ein Generationenwechsel bleibe aus. Die Hälfte der 14 Abgeordneten ist 50 Jahre oder älter.