: „Eine große Schlamperei“
FINANZDEBAKEL SPD erwägt parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur fehlgeplanten Elbphilharmonie. Regierungsparteien finden das gar nicht gut
„Ich halte einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss für verfehlt. Ich glaube nicht, dass das Sinn macht.“ Brigitta Martens, kulturpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, ist nicht angetan von der Idee der SPD-Opposition, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zu Planungsfehlern der Elbphilharmonie zu beantragen. GAL-Chef Jens Kerstan, der die Baufirma Hochtief tags zuvor noch „Heuschrecke“ genannt hatte, pflichtete ihr gestern bei. „Die städtische Realisierungsgesellschaft Rege hat Transparenz par excellence geliefert“, erklärte Martens außerdem. Sie fühle sich bestens informiert.
Das mag intern zutreffen. Nach außen hat die Stadt aber nur stockend über Preissteigerungen und Bauverzögerungen berichtet. Und dass Hochtief mit einer Verzögerung von bis zu einem Jahr rechnet und weitere 22,4 Millionen Euro fordert, ist erst seit wenigen Tagen bekannt.
Schuld seien, so Hochtief, die Architekten, die unter anderem eine viermal schwerere – mithin teurere – Lüftungsanlage für den Konzertsaal gefordert hätten. Das wiederum wirke sich auf die Statik aus. Die Stadt indes behauptet, solche Änderungen seien „Detaillierungen“ und vom Bauunternehmer zu bezahlen.
Ob die Stadt das exklusive Schweizer Architektenbüro Herzog & de Meuron aber zügeln kann, ob sie gar ein Vetorecht hat, wenn dessen Wünsche aus dem Ruder laufen: All dies ist nicht bekannt. Er glaube, „dass für diese Schlampereien die Herrn Freytag und von Beust auch politisch zur Verantwortung gezogen werden müssen“, sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann mit Blick auf den Finanzsenator und den Ersten Bürgermeister. Dass die Steuerzahler zur Kasse gebeten würden, sei „eine Sauerei“. Sehr genau müsse man daher die Verträge zwischen Stadt, Architekten und Baufirma untersuchen, wofür sich ein PUA hervorragend eigne.
Strukturelle Gründe für das Elbphilharmonie-Debakel vermutet auch Norbert Hackbusch, Fraktionschef der Linksfraktion: „Die Entlassung des Rege-Chefs Hartmut Wegener während der ersten Verteuerungsdebatte 2008 hat nichts geändert. Der Streit zwischen Rege und Hochtief ist geblieben.“ Es führe zu nichts, Einzelne zu beschuldigen.
Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos), als Elbphilharmonie-Verantwortliche in der Kritik, äußerte sich gestern nicht. Noch wisse man ja nicht, so ein Sprecher, ob es diesen Ausschuss überhaupt geben werde.
Den wird die SPD, falls sie Ernst macht, wohl Ende Februar beantragen. Seine Arbeit könnte er im Mai oder Juni aufnehmen. Tagen wird das Gremium vermutlich ein Jahr lang. Rechtzeitig vor Eröffnung der Elbphilharmonie – von Hochtief jüngst auf Mai 2013 datiert – will man fertig sein; geht es nach der SPD, kurz vor den nächsten Wahlen im Februar 2012. Sollten nämlich politisch Verantwortliche zurücktreten müssen, kämen die aus den Reihen der CDU. Kein guter Auftakt für eine Wiederwahl. PS