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Archiv-Artikel

Schäuble provoziert Aufschrei bei Migranten

Quer durch die Immigrantengemeinde geht die Empörung über den Zuwanderungsrollback des Innenministers

Von CIF
Der verzögerte Ehepartnerzuzug „verhindert weder Zwangsehen, noch schützt er vor Prostitution“

BERLIN taz ■ Erst jetzt, nach der angekündigten Verschärfung des Zuwanderungsrechts, ist Wolfgang Schäuble wieder ein echter Innenminister – einer nämlich, an dessen staatlich zur Schau gestellter Illiberalität sich gesellschaftliche Gruppen reiben. Göcmen Birligi etwa vom Bundesverband der Migrantinnen „verurteilt das Vorhaben des Innenministers“, Kenan Koalt von der Türkischen Gemeinde pochte auf die Verfassung, und der Vorsitzende des Ausländerrates, Memet Kilic, äußerte Zweifel am geistigen Zustand der Union.

Schäuble will nachziehenden Ehepartnern erst mit 21 Jahren eine Aufenthaltsgenehmigung erteilen. Bisher war der Ehepartnerzuzug nicht durchs Alter definiert. Seine Kritiker werfen Schäuble nun vor, die Regelung sei unwirksam – und vorgeschoben, um eine Kehrtwende in der Ausländerpolitik einzuleiten.

In der Tat hatte der Innenminister Zuwanderer wie Gesellschaft zum Narren gehalten. Vor wenigen Wochen hatte Schäuble Einwanderung pauschal noch als Chance für die Bundesrepublik bezeichnet. Alle Vermutungen, er werde die Zuwanderungsregeln verschärfen, hatte er verneint. Er wolle in den kommenden Monaten die gesetzliche Lage gründlich untersuchen. So beruhigte Schäuble vor Weihnachten die Gemüter, als ein Zeitungsbericht ihm Pläne zur Verschärfung unterstellte. Nun ist sie da – und die Migrantencommunity ärgert sich.

Die Erhöhung des Nachzugalters auf 21 „verhindert weder Zwangsehen, noch schützt sie Migrantinnen vor häuslicher Gewalt und Prostitution“, sagte Birligi vom Migrantinnenverband. Im Gegenteil gefährdeten die Einschränkungen die Integration von Menschen und böten einen Nährboden für gegenseitige Vorurteile.

Ein Kritikpunkt ist bei allen Zuwandererorganisationen gleich. Sie vermuten, dass Schäubles Vorstoß die Verfassung verletze. Im Mittelpunkt steht dabei der grundgesetzlich garantierte Schutz von Ehe und Familie. „Mit der Erhöhung des Zuzugsalters auf 21 verhindert man nicht die Zwangsverheiratung, sondern das Verfassungsrecht auf die Einheit der Familie nach Artikel 6 des Grundgesetzes“, sagte Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland. CIF