Frankreich Feldbefreiung als Nothilfe

Die Confédération Paysanne mäht Gentech-Felder ab. Ein Gericht in Orléans gab ihr Recht

Bereits 1997 begann die Bauerngewerkschaft Confédération Paysanne (CP) den Kampf gegen gentechnisch veränderte Organismen (GVO). Damals mähten Mitglieder der CP im Département Isère zum ersten Mal Genraps von einem Feld des Monsanto-Konzerns. GVO enteigneten den Bauern, so begründeten die Feldzerstörer ihre Aktion, weil er sein Saatgut nicht weiter verwenden könne; sie verschmutzten Nachbarfelder und gefährdeten die Biodiversität.

Mit immer mehr Partnern wiederholte die CP seitdem solche öffentlich angekündigten Aktionen. Die Gesellschaft sollte auf die Unumkehrbarkeit dieser Technologieentscheidung aufmerksam gemacht werden. Mehrere Aktivisten wurden verurteilt, darunter der bekannte Bauernrebell José Bové, und im November 2005 ließ Monsanto wegen einer „Feldbefreiung“ im Jahr 1998 die Konten der CP sperren. Immerhin: die Zahl der Freisetzungsversuche nahm ab.

Während des großen Anti-Globalisierungstreffens im Larzac im Jahr 2003 gründeten sich auch die „freiwilligen Feldbefreier“, um die Zivilgesellschaft in den Kampf der Bauern gegen GVO einzubeziehen. Mittlerweile mehr als 5.000 solcher „Freiwilliger“ forderten bei Prozessen, nach der Aufhebung des europäischen Gentechnik-Moratoriums 2004, zusammen mit den angeklagten Feldbefreiern verurteilt zu werden.

Auch 2.000 Gemeinden und 17 Regionen, die sich zu gentechnikfreien Zonen erklärt hatten, sahen sich nach dem Moratorium vom Staat daran gehindert, ihre Entscheidung umzusetzen. Im Januar 2005 demonstrierten ihre Vertreter, Greenpeace, die CP, die freiwilligen Feldbefreier, Umweltaktivisten und politische Parteien gegen die Entladung eines Schiffes mit Gensoja im Hafen von Lorient. Diese Aktion sollte deutlich machen, dass GVO über Futtermittelimporte auch in Europa in die Nahrungskette gelangen – in Milch, Fleisch, Eier und Fisch – und dass es keine Kennzeichnung gibt.

Den Herbst 2005 prägten sieben Prozesse, in denen die Richter den Zeugenaussagen von Wissenschaftlern und Bauern mit großer Aufmerksamkeit folgten – und deutlich mildere Urteile sprachen als es die Gentechnik-Lobby erwartet hatte. Am 9. November entlastete das Gericht von Orléans Feldbefreier und sprach ihnen das Recht zu, Nothilfe zum Schutz der Umwelt vor unkontrollierten Auskreuzungen zu leisten.

Im Sommer 2005 gaben Saatgutzüchter bekannt, auf 1.000 Hektar kommerziell zugelassene GV-Maissorten angebaut zu haben. Ihr Ziel: ein Koexistenz-Gesetz, so schnell wie möglich .

Die französische Regierung kündigte einen Entwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2001/18/CE an; im Frühjahr soll er im Parlament diskutiert werden. Eine breite Front von Nichtregierungsorganisationen indes bekämpft die „Koexistenz“ , weil sie gar nicht praktikabel sei.

Firmen müssten im Fall von Verunreinigungen die Verantwortung übernehmen, fordern diese Gruppen; GVO-Saatgut müsse an der technischen Nachweisgrenze gekennzeichnet werden, ebenso wie tierische Produkte; zudem sollten Regionen das Recht auf Gentechnikfreiheit behalten. Auch Frankreichs öffentliche Meinung lehnt GVO auf Feld und Teller ab.

Michel Dupont