WELCHE FUNKTIONEN EIN KIELER HEILPRAKTIKER SO INNEHAT : Wohl und Gesinnung
„Natürlich gesund“: Mit diesem Spruch wirbt das „Heilcentrum“ am Kieler Europaplatz für sich und seine Angebote. Inmitten der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt bemüht sich Betreiber Henning P., freundlich mit Brille, aber nicht nur um die Gesundheit, sondern offenbar auch um die rechte Gesinnung: Der Heilpraktiker steht dem „Schulverein zur Förderung der Russlanddeutschen in Ostpreußen“ vor.
Der wurde 1992 in Husum gegründet und zwar – laut einer Antwort der Bundesregierung aus dem Jahr 1996 – „auf Initiative des deutschen Rechtsextremisten Dietmar Munier“. Vom schleswig-holsteinischen Martensrade aus verlegt Munier unter anderem das „Deutsche Nachrichtenmagazin“ Zuerst.
So zählt der Verein zu verschiedenen Initiativen Muniers, Häuser und Grundstücke im einstigen Ostpreußen zu erwerben – das Ziel: eine „deutsche Wiederbesiedlung“. Zwei Dörfer will der Verein bereits aufgebaut haben und eine Schule eröffnet, die einschlägige Inhalte vermittele. Vereinsvorstand P. selbst war in der Vergangenheit führend aktiv bei der „Heimattreuen Jugend“, einer Vorläuferorganisation der verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“.
Hierzulande richtet der Kieler Verein die Jahrestagung der Lesen & Schenken GmbH aus, ebenfalls Teil des Munier’schen Verlagsnetzwerks: Über Jahre kamen „liebe Kunden und Freunde“ im Bayerischen zusammen, um allerlei rechte Redner zu hören. Darunter der ehemalige Krankenpfleger von Rudolf Heß, der den Mythos der Ermordung des einstigen Hitler-Stellvertreters befeuert. Auch Vertreter der ungarischen Jobbik-Partei referierten vor bis zu 300 Zuhörern. Wegen Protesten musste die Tagung in diesem Jahr nach Oberwiesenthal in Sachsen verlegt werden. Dem Vernehmen nach hatte man eine „ostpreußische“ Tanzgruppe im Programm – mit „Volkstanz und Gesang“.Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland