: Kein Betonfrieden, nirgends
SPATENSTICH FÜR DIE A100
„Der weitere Bau von Autobahnen, von dem allein der motorisierte Individualverkehr profitiert, ist für uns nicht Bestandteil einer nachhaltigen, umweltverträglichen und sozial gerechten Verkehrspolitik.“ Deshalb spreche man sich „gegen eine Verlängerung der BAB A100 aus“.
Diesen Beschluss fällte die SPD. Im Mai 2009 war das, auf ihrem Landesparteitag. 118 Delegierte waren für den Antrag, 101 dagegen. Am Mittwoch, vier Jahre später, setzte ein Sozialdemokrat den ersten Spatenstich für die A100: Bausenator Michael Müller.
Der Verlauf zwischen beiden Ereignissen ist bekannt: Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit knüpfte sein Amt mehr oder minder an eine Zusage für die A100, ein Jahr später stimmte ein SPD-Parteitag nochmal ab – diesmal für die Autobahn, mit hauchdünner Mehrheit. Am Montag sollen nun die Bagger beginnen, die Trasse von der Grenzallee zum Treptower Park auszuheben.
Nicht nur der SPD-Schwenk illustriert die erbitterte Unentschlossenheit über die Osterweiterung der A100. Schon als der Weiterbau 1992 erstmalig im Bundesverkehrswegeplan landete, standen die Kritiker parat. Die Ostbezirke verkehrlich besser anbinden, Wohngebiete von Abgasen entlasten, warben die einen, damals und noch 20 Jahre später. Ein völlig überteuertes Relikt einer autofixierten Fünfzigerjahre-Verkehrspolitik, kritisierten die anderen. Nur folgerichtig standen beim Spatenstich neben den applaudierenden Verlängerungsfans gleich die trillerpfeifenden Gegner.
Dass der Streit mit dem Baubeginn wegplaniert ist, bleibt Illusion. Noch hoffen die Gegner auf die Bundestagswahl, die im Falle eines rot-grünen Sieges die Betonierung wieder stoppen könnte. Auf der anderen Seite hat der Senat bereits den nächsten Bauabschnitt beim Bund beantragt, weiter bis zur Frankfurter Allee. Das, erwidern die Kritiker, treffe noch mehr Anwohner, werde noch größeren Protest auslösen. Betonfrieden? Nicht in Sicht. Konrad Litschko