: Dahinter steckt immer ein kluger Kopf
RUCH-BERICHT II Wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ einmal sich ins beste Licht rückte
Wochenendzeitungsjournalisten können sehr gemein sein. Ein schönes Beispiel feinsinniger Böswilligkeit lieferte uns neulich die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, als sie einen Leser der täglichen Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Interview porträtierte und im Bild der bekannten Werbekampagne „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“ inszenierte.
Den Antihelden gab Dr. Klemens Berkenbrock, 70, ehemaliger Richter am Landgericht Dortmund, der seit 50 Jahren die F.A.Z. liest, täglich zwei Stunden. Früher auf dem Hin- und Rückweg zur Arbeit im Zug, „selbstverständlich in der Ersten Klasse, weil es da ruhig ist. Ich kann nicht den Plapperquark von anderen Leuten bei der F.A.Z.-Lektüre an den Ohren haben.“ Der F.A.Z.-Ultra, wie ihn die F.A.S nennt, sagt: „Ich kann Ihnen nicht ersparen, Ihre Sonntagszeitung zu beschimpfen.“ Das ideale Blatt für Leute, die am guten Ruf der F.A.Z. teilhaben, „allerdings gerne was Unterhaltsames Sonntagvormittag zum Frühstück im Bett haben wollen.“
Anders der F.A.Z.-Ultra: „Ich lese Zeitung nie im Bett und auch nie auf dem Sofa, sondern immer aufrecht am Schreibtisch sitzend, aber in bequemer Formation, dazwischen mache ich Lockerungsbewegungen.“ Die F.A.S. erscheint seit 2001 als Sonntagszeitung. Die Auflage ist inzwischen höher als die der F.A.Z.. Werktags prägen Traueranzeigen das Blatt, am Sonntag die bekannten Nobelmarken.
Wer aber die F.A.S. als moderne Zeitung für junge Leser in den Metropolencafés sieht, irrt. Den höchsten Anteil an der Leserschaft der F.A.S. haben Menschen über 70 Jahre. Was sagt uns das? Bis ins höchste Alter sind Zeitungsleser offen für Neues. Ausnahmen bestätigen die Regel.
■ Karl-Heinz Ruch, taz-Geschäftsführer, liest die F.A.Z. und sonntags manchmal die F.A.S. als ePaper