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Archiv-Artikel

Die Bahn bleibt stehen

Konzernchef Mehdorn: Verlegung des Unternehmenssitzes nach Hamburg ist gar nicht beabsichtigt. Senat wiegelt ab: Er will auf der bekannten Grundlage Bahn-Umzug gegen Beteiligung an HHLA und Hochbahn weiterverhandeln

von GERNOT KNÖDLER

Der Traum des Senats, eine weitere Konzernzentrale nach Hamburg zu holen, ist geplatzt. „Die Deutsche Bahn AG beabsichtigt nicht, ihren Sitz von Berlin nach Hamburg zu verlegen“, teilte das Unternehmen gestern in aller Deutlichkeit mit. Damit ist es fraglich, ob es überhaupt zu einer Beteiligung der Bahn an der Hamburger Hochbahn (HHA) sowie der Hafen und Logistik AG (HHLA) kommen wird. Beide gehören zu 100 Prozent dem Stadtstaat. Einen Verkauf der Anteilsmehrheit hatten Bürgermeister Ole von Beust und Finanzsenator Wolfgang Peiner (beide CDU) an einen Umzug der Konzernzentrale geknüpft.

Bahnchef Hartmut Mehdorn hatte bereits am Mittwochabend mit dem Zurückrudern begonnen. Am Rande einer Veranstaltung stellte er die Vorstellung, er werde seinen Konzern nach Hamburg verlagern, gegenüber einem Journalisten als Missverständnis dar.

Gestern Vormittag sprach er dann mit Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Eine Sprecherin des Ministers zitierte Mehdorn mit den Worten: „Ein Umzug steht nicht zur Debatte.“ Tiefensee vertritt den Bund als Eigentümer der Bahn. Er hatte bereits kurz nach Bekanntwerden des geplanten Geschäfts mit der Hansestadt klargestellt, dass eine Verlegung der Konzernzentrale für ihn nicht in Frage komme.

Die Senatskanzlei gab sich trotz dieser eindeutigen Aussagen betont gelassen. Sie verbreitete eine Erklärung von Beusts, nach der der Senat die Verhandlungen mit der Bahn fortsetzen wird. „Ich rechne damit, dass wir etwa Mitte März ein bewertbares Ergebnis vorliegen haben werden, auf dessen Grundlage der Senat über seine verschiedenen Handlungsalternativen entscheiden kann“, verlautbarte der Erste Bürgermeister. Bisher hatte es geheißen, bis Mitte/Ende Februar solle Klarheit herrschen.

Basis der Gespräche ist nach Hamburger Angaben ein Denkmodell, das der Senat und die Bahn gemeinsam erarbeitet hätten: Danach sollte sich die Bahn einen neuen Unternehmenssitz in der Hansestadt bauen und ihre Konzernzentrale sowie ihre Führungsstruktur dorthin verlegen. Rund 400 Millionen Euro sollten dabei investiert werden und 1.500 bis 2.000 Bahn-Mitarbeiter umziehen.

Wäre der Wechsel unter Dach und Fach, sollte die Bahn schrittweise die Anteilsmehrheit bei HHLA und Hochbahn erwerben dürfen – jeweils „unter Wahrung der städtischen Interessen“. Die HHLA sollte nach der Übernahme nicht zerschlagen werden dürfen und ihre strategische Ausrichtung gewahrt werden. Die Hochbahn sollte „zur Führungsgesellschaft für das Geschäftsfeld ‚Stadtverkehr‘“ der Bahn werden.

„Es gibt nach unseren Erkenntnissen keinen Hinweis darauf, dass der Vorstand der Deutschen Bahn AG von diesen Grundsätzen abweicht“, erklärte von Beust gestern. Die Bahn dagegen zog sich auf die Formulierung der Presseerklärung zurück, mit der der Senat am 25. November die Verhandlungen öffentlich gemacht hatte. Es sei „die Verlagerung zentraler Funktionen im Gespräch“. Daran habe sich nichts geändert. Von einem Rückzieher könne nicht die Rede sein. Es werde in der Tat weiter verhandelt: „Die Gespräche mit dem Hamburger Senat dauern an“, versicherte die Bahn.

Gegen die Umzugspläne hat sich das wirtschaftlich gebeutelte Land Berlin massiv gewehrt. Das Bundeskabinett hat sich noch nicht entschieden, bevorzugt aber aus strukturpolitischer Sicht Berlin als Standort für die Bahn-Zentrale.