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Archiv-Artikel

„Höhere moralische Ebene“

GLAUBE Zum 21. Mal jährt sich der Welt-Falun-Dafa-Tag, in China ist die Meditationsform verboten

Von LIN
Alexander Hamrle

■ 43, ist Medienbeauftragter der Falun Dafa-Gruppe Hamburg. 2002 wurde er in China verhaftet, weil er Flugblätter verteilte.

taz: Ist Falun Dafa eine Art der Meditation oder eine religiöse Sekte?

Alexander Hamrle: Es ist eine Meditationsart mit einem gewissen spirituellen Hintergrund. Falun Dafa ist eine buddhistische Meditationsart, die aus fünf Körperübungen und den anleitenden Grundsätzen Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht besteht.

Was bedeutet das genau?

Durch fünf Körperübungen wird versucht, sich auf eine höhere moralische Ebene zu begeben. Dabei geht es darum, sich selbst zu verändern und nicht seine Umgebung.

Seit 1992 gibt es Falun Dafa. Ist das nicht ziemlich jung für eine asiatische Meditationsform?

Eigentlich ist es viel älter. Falun Dafa ist eine Art von Qi Gong, was in Deutschland viel bekannter ist. Im Gegensatz zu Qi Gong ist bei Falun Dafa der Fokus nicht nur auf die Verbesserung der Gesundheit gerichtet, sondern auf den Körper und den Geist.

Warum ist Falun Dafa seit 1999 in China verboten?

Das Verbot geht auf Machtspielchen der damaligen Regierung zurück. Man kann es vergleichen mit einem früheren Kaiser aus China: Er zeigte seinen Mitarbeitern einen Hirschen und sagte, es sei ein Pferd. Jedem Mitarbeiter, der den Hirschen als Pferd betitelte, konnte er vertrauen. Wer seinen eigenen Augen vertraute und den Hirschen als Hirschen bezeichnete, war für den Kaiser ein potenzieller Verräter.

Falun Dafa ist in der Geschichte der Hirsch.

Genau. Der damalige Regime-Chef Jiang Zemin wollte Falun Dafa verfolgen, um seine Mitarbeiter auf Loyalität zu prüfen. Eigentlich weiß jeder, dass diese Bewegung keine gefährliche Psychosekte ist. Jeder zwölfte Chinese praktiziert Falun Gong, obwohl dessen Anhänger von der chinesischen Regierung verfolgt und gefoltert werden. Offiziell bestreitet die chinesische Regierung die Verfolgung, es gibt auch kein offizielles Gesetz, was Falun Dafa verbietet. Meine eigene Erfahrung und Berichte von Menschenrechtsorganisationen zeichnen ein anderes Bild.

Auch das Oberlandesgericht in Dresden hat in der Formulierung „Sekte“ keine rechtlichen Bedenken?

Der Begriff „Sekte“ berührt einen wunden Punkt bei sehr vielen Menschen. Er wurde von dem chinesischen Regime ganz bewusst gewählt, um so die Verfolgung zu verheimlichen. INTERVIEW: LIN

Kundgebung „21 Jahre Falun Gong – 14 Jahre Verfolgung in China“: 17. 30 bis 20 Uhr, Reesendammbrücke