: Alles auf Anfang
Nach dem Verkaufsangebot durch Noch-nicht-Eigentümer Springer bemüht sich ProSieben um Gelassenheit
Neues von der ProSiebenSat.1-AG: Ihre Fernsehprogramme sind ab sofort auch im digitalen Kabelnetz zu empfangen – zunächst allerdings noch auf Nordrhein-Westfalen und Hessen begrenzt. Und noch eine Meldung kam gestern aus Unterföhring: Zwei digitale Pay-TV-Programme der TV-Gruppe werden im zweiten Quartal 2006 den Sendebetrieb aufnehmen. Vom geplanten Verkauf von ProSieben kein Wort, vielmehr demonstratives Bemühen um business as usual.
Vor nächster Woche wird es auch keine Klarheit geben. Dann erst treffen sich Springer-Chef Mathias Döpfner und Senderverkäufer Haim Saban. Deren demonstrative Männerfreundschaft dürfte dahin sein. Es wird ein Krisengipfel.
Döpfner hatte an Saban vorbei den Verkauf von ProSieben angeboten, um von Bundeskartellamt wie der Medienkonzentrationskommission KEK doch noch die Zustimmung zur Fusion der Restsendergruppe (Sat.1, Kabel 1, N 24, Neun Live) mit der Axel-Springer AG zu erhalten.
Für beide Seiten problematisch bleibt dabei die Forderung von Kartellamtschef Ulf Böge, ProSieben bereits vor dem Verkauf an Springer aus der Senderfamilie herauszulösen. Dabei würden zusätzliche Steuern anfallen, außerdem läge der Verkaufspreis für den Sender allein vermutlich niedriger als jetzt bei der Paketlösung.
Entgegenkommen des Kartellamts ist nicht zu erwarten: In einem dpa-Gespräch beharrte Böge gestern auf seiner Linie. „Es wird ja nichts anderes erreicht als der angebotene Verzicht auf ProSieben, die Zeitachse bleibt dieselbe“, sagte Böge. Auch die Direktoren der Landesmedienanstalten haben sich gestern zu keiner neuen Beschlusslage durchgerungen. Sie wollen zunächst nicht gegen das Fusionsverbot der KEK vorgehen. Es bestünden zwar Zweifel an der zugrundegelegten Berechnungsmethode, allerdings habe Springer ja nun „im Kartellverfahren modifiziert“, so der Vorsitzende Reinhold Albert.
Auch die Meldungen, nach denen schon Interessenten für eine Übernahme von ProSieben Schlange stehen, sind mit Vorsicht zu genießen: Das immer wieder ins Gespräch gebrachte TF 1, Frankreichs größtes Privatfernsehunternehmen, hatte sich bislang nur für eine Beteiligung, aber nicht eine vollständige Senderübernahme interessiert. „Am wahrscheinlichsten wäre, dass sich ein internationaler Konzern beteiligt, der bereits im deutschen Fernsehmarkt aktiv ist“, sagte ein Branchenkenner gestern zur taz.
In Frage kommen hier unter anderem US-amerikanische Konzerne wie NBC/Universal (Das Vierte) oder Viacom (MTV/Viva/Nickelodeon). STG
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