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Archiv-Artikel

„Ich habe noch Lust, Interviews zu geben“

Leverkusens Nachwuchsspieler Gonzalo Castro träumt von einem Einsatz bei der Weltmeisterschaft – im Trikot mit dem Bundesadler. Vorher will er mit Bayer in den Uefa-Cup. Castros Förderer Klaus Augenthaler ist leider nicht mehr dabei

taz: Wie gefällt Ihnen die Schlagzeile „Castro fährt zur WM“?

Gonzalo Castro: Warum nicht? Heutzutage kann es ja schnell gehen. Zumal Jürgen Klinsmann auf jüngere Spieler steht. Ich hoffe es, aber es ist bis dahin ein sehr weiter Weg. Ich will aber zunächst zur U21-EM, die im Mai in Portugal stattfindet. Wer weiß, was dann passiert. Die WM wäre ein Leckerbissen. Völlig ausgeschlossen ist das nicht. Wenn nicht, schaue ich mir die Spiele zusammen mit meiner Familie im Fernsehen an.

Sie tragen einen berühmten Namen. Haben Sie in Leverkusen die „jugendliche Revolution“ ausgerufen?

Nein, glaube ich nicht. Vielleicht war ich so etwas wie ein Versuchskaninchen bei dem es geklappt hat.

Duisburgs Trainer Jürgen Kohler meldet Ansprüche an, Sie zu seiner Zeit als Bayer-Sportdirektor entdeckt zu haben.

Ich weiß gar nicht, ob Kohler noch da war, als ich zu den Profis gekommen bin. Gefördert hat mich sicher Manager Michael Reschke. Und viel zu verdanken habe ich Klaus Augenthaler, der hat großen Anteil an meiner Entwicklung.

Schmerzt es, dass er weg ist?

Ich war sehr überrascht, als ich hörte, dass man ihn gefeuert hat. Das war ein ganz neues Gefühl in meinem Leben. Er hat mich rausgebracht, darüber bin ich sehr froh. Ich habe mich zum Abschluss bei ihm bedankt. Ich mag ihn gut leiden und freue mich, dass er jetzt wieder in der Bundesliga arbeitet.

Was unterscheidet Klaus Augenthaler von Ihrem neuen Trainer Michael Skibbe?

Beide sind nur schwer zu vergleichen. Es herrscht eine neue Stimmung. Und man merkt, dass Skibbe vorher mit jungen Spielern gearbeitet hat. Er hat ein Händchen dafür.

Haben Sie das Leben als Profi schon verinnerlicht?

Daran musste ich mich natürlich erst einmal gewöhnen. Sich in der Zeitung und im Fernsehen zu sehen, ist anfangs schon komisch gewesen. Aber jetzt ist es normal geworden. Der Presserummel ist zum Glück auch nicht so krass wie bei Lukas Podolski und Nuri Sahin. Ich habe noch Lust, Interviews zu geben.

Bayer hat ein miserables Halbjahr hinter sich. Da war auch von mangelnder Disziplin die Rede.

Jeder Mannschaft fehlt hin und wieder die Disziplin. Das ist wie in jedem anderen Job auch. Wir hatten uns als Team bislang nicht so recht gefunden. Aber im Trainingslager haben wir viel gesprochen, was wir besser machen wollen. Vor allem müssen wir wieder unsere Heimspiele gewinnen. Ich freue mich, dass Jens Nowotny wieder voll dabei ist. Er wird uns sicher weiterhelfen.

Was haben Sie sich für die Rückserie vorgenommen?

Ich hoffe, dass wir noch in den Uefa-Cup kommen. Ich hatte ein kleines Tief. Ich will an die alte Form anknüpfen, meinen Platz im Team behaupten und mich weiter entwickeln. Der Trainer hat mir gesagt, dass ich die ganze Sache ruhig angehen soll.

Sie haben im vergangenen Jahr Ihren Vertrag bis 2010 verlängert. Haben Real oder Barca nicht mal angeklopft?

Nein, haben sie nicht. Nur Dieter Eilts (Trainer der U21-Nationalmannschaft, Anm. d. Red.) hat erfolgreich um mich geworben. Die Entscheidung, künftig für Deutschland aufzulaufen, habe ich mir nicht leicht gemacht. Hier bin ich aufgewachsen und habe das Fußballspielen gelernt. Jetzt für Deutschland zu spielen war auch ein Ausdruck meines Heimatgefühls. Natürlich träumt jeder davon, später mal in Camp Nou oder Santiago Bernabeu aufzulaufen. Wenn mein Vertrag 2010 ausläuft, bin ich 23 Jahre alt. Dann bin ich immer noch sehr jung und kann mich anders orientieren.

INTERVIEW: THOMAS BESCHE