: Säumige Väter leben gut in Bremen
UNTERHALT Wenn Väter nicht zahlen wollen, streckt das Amt für Soziale Dienste das Geld vor und soll es sich dann zurückholen. Nicht in Bremen – der Stadtstaat ist Schlusslicht beim Geldeintreiben
Wenn Mütter ihre Kinder allein aufziehen, müssen Väter Unterhalt zahlen. Und was ist, wenn sie nicht zahlen und sagen, sie könnten nicht? Dann zahlt das Amt für Soziale Dienste und holt sich im Zweifelsfall das Geld zurück. Soweit die Theorie.
Derzeit gibt es 10.414 offene Forderungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz – das teilte die Sozialsenatorin der CDU auf deren Anfrage mit. Die Forderungen summieren sich auf 15,53 Millionen Euro. Nur warum treibt die Sozialbehörde das Geld nicht ein? Hier beginnt die komplizierte Praxis. Ende des Jahres würde es eine neue Software geben, allerdings nur für die Stadtgemeinde Bremen, sagt die Sozialsenatorin. „Mit der Einführung der Software für den Einnahmebereich im Unterhaltsvorschuss soll die Datenlage und damit die Rückholquote verbessert werden.“
Jedes Jahr zahlt die Sozialbehörde rund neun Millionen Euro an „Unterhaltsvorschuss“, ein Drittel davon übernimmt der Bund. Die „Einnahmen“ lagen im Jahre 2012 bei 1,2 Millionen Euro. Rund zwei Drittel der Unterhaltspflichtigen, für die das Amt in Vorleistung geht, können wirklich nicht zahlen, sagt die Sozialbehörde. Die Ansprüche verjähren aber nicht so schnell – wenn ein Vater später zu Geld kommt, muss er nachzahlen. Die Frage ist also, wie hoch die Einnahmen sein könnten, wenn das Inkasso der Sozialbehörde besser funktionieren würde. „Ressort und Amt für Soziale Dienste schätzen die entstehenden jährlichen Einnahmeverluste auf bis zu 2,6 Millionen Euro“, heißt es im Rechnungshofbericht 2013. Dass die aufgelaufene Summe „nur“ 15 Millionen Euro beträgt, liegt also daran, dass ältere Forderungen einfach ausgebucht werden.
Der Rechnungshof hat sich schon früher mit dem Thema befasst. Im Jahre 2002 hat sogar der Bundesrechnungshof untersucht, wie in Bremen diese Forderungen eingetrieben werden. In drei Viertel seiner Stichproben hat der Bundesrechnungshof „erhebliche Bearbeitungsrückstände“ festgestellt – Forderungen wurden nicht verfolgt und verjährten schließlich. Im September 2002 vereinbarte die Sozialsenatorin mit dem Amt für Soziale Dienste den Einsatz einer „Sonderarbeitsgruppe“, um das Geld einzutreiben. Im Juli 2003 wurde bei einer weiteren Prüfung festgestellt, dass diese Arbeitsgruppe nicht eingesetzt war. Erst im November 2006 ist das passiert: Vier Stellen gab es dafür und bis zum Juli 2007 wurden erst einmal die „Altfälle gesichtet“, schreibt der Bremer Rechnungshof in seinem Bericht 2008. Und meint skeptisch: „Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang das Amt Einnahmen aus Altfällen erzielen wird.“
Offenbar keine – der Rückstand war damals ungefähr genauso hoch wie er heute noch ist. Auch ein „Cash-Management“, das für die Neufälle seit 2003 zuständig ist und 2005 eingesetzt wurde, hat daran nichts ändern können. Die Sachbearbeiter im Amt für Soziale Dienste sind offensichtlich so überlastet, dass sie für die aufwändigen Versuche, Geld einzutreiben, keine Zeit mehr haben.
Im Juli 2007 hat das Amt für Soziale Dienste eine neue Software eingeführt. „Der Rechnungshof hatte empfohlen, bei der Einführung die genannten Aspekte zu berücksichtigen. Das Amt hatte zugesagt, dies zu tun“, heißt es in dem Bericht 2008. Wenn nun der Senat sagt, eine neue Software werde es gegen Ende dieses Jahres geben, dann scheint das damals nicht erfolgt zu sein. Eine Software könnte dabei helfen, dass die offenen Forderungen nicht weiter in den Akten der Sachbearbeiter verjähren. Die Zahlungsfähigkeit prüfen und Geld eintreiben – das kann eine Software nicht. KAWE